Lesung aus Paul Austers: Timbuktu

In “Timbuktu” betrachtet der Autor die Erfahrungen der Obdachlosen durch die erbarmungslos unsentimentalen Augen eines Hundes. Genauer gesagt die von Mr. Bones, einer spitzohrigen Promenadenmischung. Der hat gerade allen Grund, die Lefzen hängenzulassen: Neben ihm liegt sein zweibeiniger Freund Willy G. Christmas und spuckt Blut. Es geht zu Ende mit dem verrückten Künstler und genialen Schwätzer, der seit dem Tod seiner Mutter vier Jahre zuvor auf der Straße lebt. Der Roman nimmt seinen Anfang in Baltimore, wo Willy und Mr. Bones nach einem ehemaligen Highschool-Englischlehrer suchen, der Willy als Teenager immer in seinen schriftstellerischen Anstrengungen unterstützt hatte. Kurz vor dem Tod will Willy unbedingt ein Heim für seinen Hund und die unzähligen Manuskripte finden, die er in einem Greyhound-Busbahnhof versteckt hat. Die Worte in diesem Spind waren alles, was er vorzuweisen hatte. Sollten sie verschwinden, wäre es, als hätte es ihn nie gegeben.

Nach Willys Tod sieht sich der jetzt herrenlose Hund einer Reihe von Verraten, Ablehnungen und Enttäuschungen ausgesetzt. Jedoch ist Mr. Bones nicht auf den Mund, Pardon, auf die Schnauze gefallen. Seine weisen Erkenntnisse über das Hundeleben, das wir alle führen, sind ebenso amüsant wie traurig …

Es liest: Ursula Thorn