Hohe Nachfrage, begrenztes Angebot: Die Situation bei Spielgruppen in Konstanz

In Konstanz gibt es 90 Betreuungsplätze in Spielgruppen für Kleinkinder ab 18 Monaten. Doch fast überall übersteigt die Nachfrage das Angebot. Wir blicken auf die Vorteile und Herausforderungen der Spielgruppenbetreuung und berichten, wo es noch freie Plätze gibt.

Bei der Spielgruppe handelt es sich um ein sozialpädagogisches Angebot mit einer Betreuungszeit von drei bis maximal vier Stunden pro Tag. Die Angebotszeiten finden meist an zwei bis drei Tagen, seltener an fünf Tagen pro Woche statt. In der Regel werden bis zu zehn Kinder von zwei Fachkräften betreut. Aufgrund der kleinen Gruppengröße ist so meist eine intensivere Betreuung möglich.


Ein schönes Ritual: Im Morgenkreis wird sich nochmal begrüßt, gesungen und gereimt. | Fotos: Leonora Bajraktari

Für wen eignet sich die Spielgruppe als alternative Betreuung?

Die Spielgruppe eignet sich für alle Kleinkinder ab 18 Monaten. Hierbei können vor allem Kinder, die etwas scheu sind, von der kleinen Gruppengröße, der intensiven Betreuung sowie einem vertrauten Ort profitieren. 

Aber auch für Eltern ist die Spielgruppe ein großer Gewinn. Vor allem dann, wenn der Nachwuchs bis zur Eingewöhnung größtenteils zuhause betreut wurde. Die wenigen Stunden ermöglichen es, Eltern Zeit für sich zu nehmen und eine Verschnaufpause im doch recht herausfordernden Alltag mit einem Kleinkind zu machen.

Einen besonders großen Vorteil bietet die Spielgruppe Müttern, die in der Elternzeit erneut schwanger werden. In der Zeit, in der das Kleinkind betreut wird, können Termine wahrgenommen und wichtige Ruhezeiten eingelegt werden.

„Manche Eltern wählen gezielt die Betreuung in der Spielgruppe, damit ihr Kind erste Erfahrungen in der Gruppe mit gleichaltrigen Kindern sammeln kann. Andere kompensieren damit die Zeit, bis sie einen anderen Betreuungsplatz in einer Krippe oder im Kindergarten bekommen” informiert uns Elena Oliveira, Pressereferentin der Stadt Konstanz.

Weniger gut eignet sich die Spielgruppe hingegen für berufstätige Eltern. Denn für eine Teilzeitbeschäftigung ist die Betreuungszeit mit knapp 12 Stunden pro Woche recht gering – zumal die Abholzeiten mit eingerechnet werden müssen. 


Ob Klettern, Springen, Krabbeln oder auf Rutschautos davon düsen – hier können sich die Kleinen richtig austoben.

So erhält man einen Betreuungsplatz in einer Spielgruppe

Ein erster direkter Kontakt mit den Träger:innen ist für viele Eltern sicherlich der erste wichtige Schritt, um sich über einen möglichen Betreuungsplatz zu informieren. Eltern haben keinen Rechtsanspruch auf die Betreuung in einer Spielgruppe, da der Stundenumfang bei dieser Angebotsform so gering ist. Für die Spielgruppe gibt es keine Vergabekriterien, lässt uns Elena Oliveira wissen. Die Aufnahme erfolgt in der Regel durch die Spielgruppen direkt.

Nach welchen Kriterien ein Kind einen Betreuungsplatz erhält, liegt demnach in den Händen der Träger:innen. Hier können unterschiedliche Dinge berücksichtigt werden, beispielsweise das Alter des Kindes oder auch die Gruppenzusammensetzung.

Die Spielgruppe „Marienkäfer” in Litzelstetten – Kinderhaus St. Peter und Paul 


In diesem bunt und liebevoll gestalteten Raum werden die kleinen Marienkäfer betreut.

Wie das pädagogische Konzept der Spielgruppe in der Praxis aussieht, haben wir uns am Beispiel der Spielgruppe im Kinderhaus St. Peter und Paul in Litzelstetten etwas genauer angesehen.

In der Spielgruppe werden bis zu zehn Kinder von zwei pädagogischen Fachkräften von Montag bis Mittwoch zwischen 08:30 – 12:30 Uhr betreut. Eine Aufnahme in die Spielgruppe ist ab 18 Monate möglich und gilt bis zum Übergang in den Kindergarten. Im Gemeindehaus von Litzelstetten, direkt neben dem Kinderhaus St. Peter und Paul, findet in einem großen, bunt und liebevoll gestalteten Raum die Betreuung statt. In einem Interview mit der Leitung der Einrichtung, Isabel Peube, konnten wir genauere Einblicke in das Konzept gewinnen.  

Das Berliner Eingewöhnungsmodell als Vorbild


Beim Spielen mit Bauklötzen wird vor allem die Feinmotorik sowie die Auge-Hand-Koordination gefördert.

Im Rollenspielbereich können die Kleinen ihrer Fantasie beim Spielen mit Puppen und Kuscheltieren freien Lauf lassen.

Im Kinderhaus St. Peter und Paul ist die Eingewöhnung an das Berliner Modell angelehnt. Dieses Konzept ermöglicht dem Kind eine sanfte Eingewöhnung in die Betreuung. Wichtig ist hier vor allem eine Bezugsperson, etwa die Mutter oder der Vater, welche das Kind im gesamten Prozess begleitet.

Zudem findet die Eingewöhnung schrittweise in mehreren Phasen statt, sodass das Kind nicht überfordert oder unter Druck gesetzt wird. Für den Eingewöhnungsprozess werden ca. drei Wochen eingeplant.

„Hier achten wir aber sehr auf die Individualität des einzelnen Kindes und evtl. Vorerfahrungen”, so Isabel Peube. 

Sicherheit und Geborgenheit

Um für die kleinen Kinder einen sanften Einstieg in die Spielgruppe zu ermöglichen, wird außerdem das Prinzip der „vorbereiteten Umgebung” angewendet. Hierbei wird der Raum nicht nur warm und einladend gestaltet, sondern vor allem so konzipiert, dass die Einrichtungsgegenstände kindgerecht sind. Die Regale und Schränke sind in der Regel offen gestaltet, sodass die Materialien für Kinder frei zugänglich sind.

Eine ruhige Umgebung mit Farbe, Struktur und Ordnung vermittelt dem Kind außerdem Sicherheit und ein Gefühl der Geborgenheit. Die Bereiche werden klar voneinander getrennt, etwa eine Leseecke, eine Spielecke, eine Bastelecke.

Um für noch mehr Sicherheit und auch Orientierung zu sorgen, werden feste Abläufe wahrgenommen. Hierzu gehören beispielsweise die Begrüßung, das Frühstück und ein gemeinsamer Gruppenkreis.

Frühkindliche Bildung auf spielerische Art


Geschicklichkeitsspiele fördern die visuelle Wahrnehmung.

Singen, Basteln, Kneten, Kreisspiele, Bilderbücher anschauen – in der Spielgruppe liegt der Schwerpunkt beim Freispiel. Nach einer flexiblen Bringzeit werden die Kinder im Freispiel und bei kreativen Angeboten als Akteure ihrer Entwicklung wahrgenommen, begleitet und unterstützt.

In der Spielgruppe lernen die Kinder in ihren ersten Lebensjahren die Grundlagen sozialen Verhaltens. „Hier steht natürlich in erster Linie das soziale Miteinander im Fokus, wie trete ich mit anderen in Kontakt. Sie lernen für sich selbst einzustehen und sich vor einer Gruppe zu „behaupten“, berichtet uns Isabel Peube. Auch die sprachliche Entwicklung und die Festigung von Denkstrukturen wird durch den Besuch einer Spielgruppe gefördert.

Bei unserem Besuch in der Spielgruppe fällt zudem die große Eingangshalle im Gemeindehaus auf. An regnerischen Tagen wird dieser zum kreativen Bewegungsraum umgestaltet. Das sorgt meist für jede Menge Spaß bei den Kleinen. 

Wie hoch ist die Nachfrage an Betreuungsplätzen?

Einen festen Betreuungsplatz für das Kind erhalten – für viele Eltern in Konstanz gleicht das mittlerweile einem 6er im Lotto. Denn die Nachfrage ist weitaus höher als das Angebot. Das gilt auch für die Spielgruppe „Marienkäfer”. „Derzeit gibt es deutlich mehr Anfragen, wie Plätze vorhanden sind”, bestätigt uns Isabel Peube.

„Trotz Ausbau der Krippen zeigt sich hier bei uns im Vorort, dass das Modell der Spielgruppe für viele Familien noch recht interessant ist. Nicht nur aus beruflichen Gründen, sondern auch aufgrund des Konzepts der Spielgruppe.”

Wie sieht es in den anderen Einrichtungen aus?


Hier können es sich die Kinder gemütlich machen und schönen Geschichten lauschen.

Wir haben in allen Einrichtungen mit Spielgruppen-Betreuung erfragt, wie es sich mit der Nachfrage verhält. Nicht jede Einrichtung hat auf unsere Anfrage reagiert. Die Mehrheit der Rückmeldungen gibt jedoch an, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt und Eltern mit einer langen Wartezeit rechnen müssen. Eine Ausnahme ist die Spielgruppe „Vogelnest” in Allensbach, bei der laut Kitaleitung „mehr Angebot als Nachfrage herrscht”.

Die hohe Nachfrage an Spielgruppen-Plätzen zeigt, dass ein Ausbau dieser Betreuungsmöglichkeit erwünscht ist. In der Realität ist dies eher unwahrscheinlich, denn auch Konstanz ist stark vom Fachkräftemangel betroffen. Um mehr Betreuungsplätze anbieten zu können und so eine langfristige Lösung zu generieren, arbeitet die Stadt bereits gemeinsam mit freien Trägern daran, neue Fachkräfte zu gewinnen. Ob und wie gut dies gelingt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Im Kitabericht 2024 der Stadt Konstanz werden in einem Ausbauprogramm die Möglichkeiten und Perspektiven einer Erweiterung der Kindertagesbetreuung von 2020 bis 2030 vorgestellt. Spielgruppen als Betreuungsmöglichkeit werden hierbei nicht aufgelistet. Dies bestätigt uns auch Elena Oliviera, Pressereferentin der Stadt Konstanz, denn „das Sozial- und Jugendamt [sieht] aktuell keinen Bedarf zum Ausbau der Spielgruppenangebote [vor].”

Eine gute Nachricht gibt es jedoch: Spielgruppen-Kinder dürfen die Einrichtung auch nach ihrem dritten Lebensjahr weiterhin besuchen, wenn sie keinen Kindergartenplatz erhalten haben. Nicht zuletzt bekräftigt Isabel Peube:

„Kinder werden bei uns nicht auf die Straße gesetzt. Sollte ein Kind keinen Kitaplatz erhalten, dürfen diese Kinder natürlich derweilen in der Spielgruppe verbleiben.”