Wisst ihr, was mich wirklich nervt? Der Satz: Frauen müssen. Frauen haben einfach viel zu viele Verpflichtungen. Sie müssen sich um die Familie kümmern, gut aussehen, ihre Angehörigen pflegen und sich ehrenamtlich engagieren. Frauen müssen im Beruf zurückstecken, für ein gleichwertiges Gehalt kämpfen, Respekt und Anerkennung erlangen, um ernst genommen zu werden. Aber warum müssen Frauen das alles? Weil die Welt immer noch von Männern dominiert wird.
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Eignet sich ein Vater für ein politisches Amt?
Schaut euch doch mal die Kommunalpolitik an. Schon bei den Parteimitgliedern fängt es an: größtenteils Männer. Das bedeutet, dass Männer entscheiden, wer auf den begehrten Listenplätzen für die Gemeinderatswahl stehen darf. Selbst wenn eine Frau einen guten Listenplatz bekommt, wird sie vielleicht nicht gewählt, weil Wähler:innen die Politik als männlich wahrnehmen.
Kann eine Kandidatin ihre politische Arbeit überhaupt mit ihrer Rolle als Mutter vereinbaren? Natürlich kann sie das, denn keine Frau bewirbt sich leichtfertig für ein solches Amt. Warum werden private Angelegenheiten von Frauen überhaupt thematisiert? Ist ein Vater weniger geeignet für ein politisches Amt? Man kann das Wähler:innenverhalten kritisieren, aber irgendwie ist es auch logisch. Männer kommen eben gut mit Männern klar. Dadurch fehlen jedoch die Frauen, die immerhin 51 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Sexismus statt Argumente
Wenn es einer Frau dann doch gelingt, in den Gemeinderat zu kommen, trifft sie dort auf viele Männer. Diese Männer grüßen sie nicht, unterbrechen sie, hören ihr nicht zu und rauben ihr Zeit. Sie verurteilen sie, wenn sie wegen ihrer Kinder früher gehen muss, nehmen ihre Themen nicht ernst und stellen ihre Expertise in Frage. Sie reduzieren sie auf ihr Alter und ihr Aussehen – das kennen wir doch alle. Wenn die Argumente ausgehen, greift der Sexismus.
Eines steht fest: Der Gemeinderat braucht Frauen. Wie können Männer Probleme lösen, die sie nicht sehen? Nur wer selbst erlebt hat, dass bestimmte Privilegien fehlen, setzt sich dafür ein, das zu ändern. Und dazu gehört auch, dass jemand, der das Familienleben anders organisiert, genauso gut bezahlt wird.
Andere Erwartungen an Frauen
Aber im Jahr 2023 müssen Frauen immer noch mehr leisten als Männer, um weniger Anerkennung für die doppelte Arbeit zu erhalten. 65 Prozent der befragten Politikerinnen einer Untersuchung zur politischen Teilhabe von Frauen sind davon überzeugt, dass an Frauen in der Politik andere Erwartungen gestellt werden als an Männer. Aber nur 36 Prozent der Männer glauben das – eine deutliche Diskrepanz.
Männer sehen das Problem, das Frauen erleben, nicht einmal. Die unterschiedlichen Erwartungen an Männer und Frauen beeinflussen das Selbstvertrauen von Frauen. Frauen zweifeln mehr daran, ob sie den Anforderungen der Politik gerecht werden können. Frauen hinterfragen sich mehr und machen sich mehr Gedanken. Männer hingegen trauen sich mit großem Selbstbewusstsein alles zu.
Mehr Vereinbarkeit im Gemeinderat
Wir können noch so viele Frauen ermutigen, sich für die Kommunalpolitik zu interessieren. Aber wenn sich die Bedingungen im Gemeinderat nicht ändern, kann man es den Frauen nicht verübeln, wenn sie keine Lust darauf haben. Wie kann es sein, dass der Gemeinderat Anfang 2022 beschlossen hat, dass Redebeiträge und Sitzungen generell kürzer sein sollen – und das immer noch nicht umgesetzt wird?
Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung, um mehr Frauen in den Gemeinderat zu bringen. Der Gemeinderat muss sich für eine bessere Vereinbarkeit einsetzen. Erst wenn die Rahmenbedingungen frauenfreundlich sind und sich auch das Verhalten der Politiker ändert, wird die politische Arbeit für Frauen wieder attraktiv und machbar sein. Wenn nur Frauen müssen, wird sich nichts ändern. Auch Männer müssen.
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