„Wir müssen jetzt Dinge tun, die wir jetzt noch nicht brauchen, die wir aber in Zukunft brauchen werden“, sagt Michael Müller, Leiter des Geschäftsbereichs Energienetze und Prokurist bei den Stadtwerken Konstanz. Konkret sind das 20 Kilometer zusätzliche Stromkabel, aber auch stärkere Kabel, neue Umspannwerke und mehr Transformatoren. Klar ist: Durch die Energiewende wird der Strombedarf in Konstanz insgesamt deutlich steigen. Wärmepumpen werden mit Strom betrieben, Elektroautos mit Strom geladen und auch die Solarenergie stellt Anforderungen an das Stromnetz. Dafür sind die Stromnetze bisher nicht ausgelegt: „Unsere Netze entsprechen normalerweise der Anreizregulierung. Jetzt müssen wir in die Zukunft schauen, dafür brauchen wir Reserven“, so Müller.
Um herauszufinden, welche Maßnahmen notwendig sind, haben die Stadtwerke mit der Bergischen Universität Wuppertal zusammengearbeitet. In das Projekt flossen alle bisher bekannten Planungen und Informationen, alle Studien und Vorgaben aus den Planungen der Stadt Konstanz und den Stadtwerken ein. Damit wurden Rechenprogramme gefüttert und verschiedene Szenarien hinsichtlich der Netzbelastung entwickelt. So konnten wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden, wie das Konstanzer Stromnetz der Zukunft aussehen könnte. Das Ergebnis: „Die anstehenden Maßnahmen sind überschaubar. Sie sind nicht billig, aber im Vergleich zu anderen Städten deutlich geringer“, erklärt Müller.
Der Strombedarf in Konstanz steigt
Konkret heißt das: Das Umspannwerk auf dem Gelände der Stadtwerke wird komplett neu gebaut, und in Wollmatingen entsteht ein neues Umspannwerk, das künftig das Neubaugebiet Hafner versorgen soll. In einem Umspannwerk laufen die Leitungen eines Stromnetzes zusammen, über die der Strom von den Kraftwerken, in denen er erzeugt wird, zu den Verbraucher:innen gelangt. Außerdem werden bestehende Umspannwerke ertüchtigt, denn nach Angaben der Stadtwerke wird die Belastung des Umspannwerks Wollmatingen durch die Wärmepumpen in den Vororten relativ schnell ansteigen. Darüber hinaus müssen mittelfristig alle bestehenden Umspannwerke im Bereich der Transformatoren aufgerüstet werden. Dies bedeutet auch für die beiden Umspannwerke in Tägerwilen und Ergatshausen praktisch einen Neubau oder zumindest einen massiven Umbau.
Intensivere Arbeiten werden auch bei den Netzen in die Vororte nötig sein. „Die Vororte waren früher eher unkritisch, weil es dort keine Industrie und wenig Wohnbebauung gab“, sagt Müller. Durch den neuen Stadtteil Hafner, aber auch durch das Flächenpotenzial für Solaranlagen und Wärmepumpen bekommen die Vororte eine neue Bedeutung für die Energiewende. Entsprechend muss auch das Stromnetz ausgebaut werden. Stärkere und mehr Kabel müssen aber nicht nur in die Vororte, sondern im gesamten Stadtgebiet verlegt werden. Denn der Gesamtleistungsbedarf in Konstanz wird sich fast verdreifachen – von 50 auf 150 Megawatt.
Am Ende muss der Kunde zahlen
260 Transformatoren gibt es bereits in Konstanz, weitere 30 bis 40 sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. Ein Transformator, auch Trafo genannt, wird eingesetzt, um elektrische Energie aus einem Stromnetz mit höherer Spannung in ein Stromnetz mit niedrigerer Spannung einzuspeisen. Der Transformator wandelt also Hochspannung in Niederspannung um – oder umgekehrt. Transformatoren sind heute nicht nur deutlich teurer als noch vor einigen Jahren, sie sind auch deutlich schwerer zu bekommen: Die Lieferzeit beträgt laut Müller vier bis fünf Jahre.
Kosten von 150 Millionen Euro kommen mit der Modernisierung des Stromnetzes auf die Stadtwerke Konstanz zu – und damit auch auf die Verbraucher:innen. „Es ist klar, dass die Energiewende viel Geld kostet und die Kund:innen das mittragen müssen“, sagt Müller. Für den Ausbau der Stromnetze heißt das: „Letztlich zahlt das der Kunde über die Netzentgelte. Das wird jeder Bürger merken.“ Um welche Summe es sich genau handelt, lässt sich zwar noch nicht beziffern. Aber aus dem Bauch heraus spricht Müller von 3000 bis 4000 Euro pro Einwohner:in. Der Ausbau hängt also maßgeblich von den Kund:innen der Stadtwerke ab. 2035 ist zwar das Ziel, aber das hält Müller schon heute für extrem herausfordernd. Trotzdem sagt er: „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, sondern müssen Gas geben und das Thema zügig angehen.“ Er ist zuversichtlich, dass die Stadtwerke den nötigen Strom liefern können, wenn er im Hafner gebraucht wird.
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