Was wurde im Gemeinderat diskutiert? Die wichtigsten Themen vom 25. September

Der Konstanzer Gemeinderat startete nach der Sommerpause mit einer Debatte über Klimaziele, Schulbau und die Frage, ob der Seeuferweg einen neuen Namen braucht. Was entschieden wurde, was vertagt wurde und warum es am Ende sogar um den Ton im Rat ging.
Der Ratssaal, in dem die Gemeinderatssitzungen stattfinden. Foto: Stadt Konstanz

Klimabericht zeigt Fortschritte, dennoch übten Ratsmitglieder Kritik am Amt für Klimaschutz

Der elfte Klimabericht wurde von Philipp Baumgartner, Leiter des Amts für Klimaschutz, vorgestellt. Positiv hob er unter anderem hervor: 283 Haushalte konnten bei energetischen Sanierungen unterstützt werden, die Einführung der Verpackungssteuer habe zu weniger Straßenmüll geführt, neue Ladepunkte für E-Mobilität seien in Betrieb gegangen und ein Konstanzer Sanierungsprojekt wurde für die Verbindung von Klima- und Denkmalschutz ausgezeichnet. 

Gleichzeitig räumte er ein, dass die Stadt weit hinter ihren selbst gesteckten Klimazielen zurückliege. Hintergrund: Konstanz hatte 2019 den Klimanotstand ausgerufen und beschlossen, bis 2035 weitgehend klimaneutral zu werden. Baumgartner verwies auf knappe Ressourcen und die Notwendigkeit, „mit weniger [finanziellen Mitteln] mehr schaffen zu müssen“. In seiner Einordnung betonte Baumgartner die Bedeutung ehrgeiziger Ziele, auch wenn sie nicht immer vollständig erreicht werden. Er verwies auf Kopenhagen: Auch dort sei das Ziel verfehlt worden, doch ambitionierte Vorgaben hätten große Fortschritte ermöglicht. 

Das Bild zeigt Philipp Baumgartner, neuer Leiter des Konstanzer Amt für Klimaschutz.
Philipp Baumgartner, ist Leiter des Konstanzer Amts für Klimaschutz.

„Das Ziel ist richtig. Lasst uns ambitioniert bleiben.“

Philipp Baumgartner

Mehrere Ratsmitglieder äußerten im Anschluss Kritik am Amt für Klimaschutz. Anne Mühlhäuser (FGL&Grüne) forderte: „Gehen Sie raus zu den Leuten, in die Schulen, schaffen Sie Anreize!“ Achim Schächtle (FDP) hinterfragte die Effizienz des Amtes. Er schlug vor, das Amt aufzulösen und die Mitarbeitenden auf andere Fachämter zu verteilen. Baumgartner verteidigte die Arbeit seines Amts: „Das Ziel ist richtig. Lasst uns ambitioniert bleiben.“

Im Podcast „Local solutions, global impact – A story about sub-national climate action“ von Sound of Green / State of Green sprechen unter anderem Mark Watts (C40-Netzwerk), Sophie Hæstorp Andersen (Oberbürgermeisterin von Kopenhagen), Pelle Bournonville (Realdania) und Louise Koch (Grundfos) darüber, wie Städte weltweit beim Klimaschutz vorangehen.

Städte sind heute Heimat für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und verursachen rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig sind sie besonders stark von den Folgen der Klimakrise betroffen und damit zentrale Akteure der Transformation. Der Podcast zeigt, wie Pionierstädte trotz knapper Ressourcen Wege in eine nachhaltige Zukunft finden und welche Beiträge dänische Städte und Kommunen dabei leisten.

Beschlossen: Museumsshop wird geschlossen

Der Gemeinderat folgte der Vorlage zur Schließung des Museumsshops. Nach den Beratungen im Kulturausschuss und im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) wurde der Beschluss nun bestätigt. Zwei Ratsmitglieder der FDP und Freien Wähler (FW) stimmten dagegen.

Hallenbad bleibt erhalten: Entscheidung basiert auf Gutachten 

Das Gutachten zum Hallenbad am Seerhein wurde von Julian Meser, dem neuen Geschäftsführer der Bädergesellschaft, vorgestellt: Eine Schließung würde keine finanziellen Vorteile bringen. Das Defizit wurde von rund 530.000 € (2024) auf ca. 300.000 € (2025) reduziert. Der Gemeinderat stimmte nach längerer Diskussion für den Erhalt. 25 Ja-Stimmen, 3 Gegenstimmen, 11 Enthaltungen (CDU, FW, OB).

Samuel Hofer (FGL&Grüne) betonte die Vorteile der fußläufigen Erreichbarkeit: Es sei weniger Aufwand und die Klassen hätten mehr Zeit im Wasser. Kritische Nachfragen kamen etwa von Sabine Feist (CDU), die auf Beispiele denkmalgeschützter Schwimmbäder mit Nachnutzung, wie das „Hallenbad Nord” in Ludwigshafen am Rhein, verwies. Das alte Bad wird inzwischen gleich mehrfach genutzt: als Eventlocation, Gründer:innenzentrum und das Becken dient als Löschwassertank für die benachbarte Müllverbrennungsanlage.

„Die Schließung brächte weder den erhofften Einspareffekt noch politische Vorteile.“

Holger Reile (LLK)
Holger Reile ist seit 2009 für die Linke Liste Konstanz im Gemeinderat. | Foto: LLK

Jürgen Faden (FW) wollte generelle Einsparpotenziale und Alternativszenarien stärker geprüft sehen. Holger Reile von der Linken Liste Konstanz (LLK) konterte mit Verweis auf den Prüfbericht: „Die Schließung brächte weder den erhofften Einspareffekt noch politische Vorteile.“ Nachdem die Aussagekraft des Prüfberichts mehrfach infrage gestellt wurde, stellte Andreas Osner abschließend klar, dass der interne Prüfbericht von der Stadtspitze beauftragt wurde und in seiner vorgelegten Form zulässig sei. Als externe Prüfung hätte er laut Verwaltung rund 80.000 € gekostet.

Aktuelle Schätzung: Die Fachraumsanierung an der GSS soll 5 Mio Euro kosten

2017 gab es die ersten Schätzungen der Verwaltung zur Sanierung der Geschwister-Scholl-Schule (GSS). Diese lagen damals bei 24 Millionen Euro plus weiteren 4 Millionen für die Sporthalle. 2019 war bereits von 28,5 Millionen Euro die Rede, vor einem halben Jahr hatte der Gemeinderat dann eine Steigerung auf 35,5 Millionen Euro akzeptiert und nun liegt der Wert bei 40,5 Mio. Euro. Laut Hochbauamt seien vor allem die Baukosten seit 2018 um 43 Prozent gestiegen.

Petra Rietzler ist Elternbeiratsvorsitzende an der GMS Gebhard. | Foto: Sophie Tichonenko

„Warum wurde nie ein Neubau als Alternative geprüft?“

Petra Rietzler (SPD)

Auch in dieser Sitzung war das wieder Thema im Gemeinderat. Arnold Hermann vom Hochbauamt stellte die aktualisierte Vorlage vor: Für die Sanierung der Fachräume selbst fallen 2,7 Millionen Euro an, für die Ausstattung weitere 2,3 Millionen Euro. Damit steigen die Gesamtkosten um weitere 5 Millionen Euro auf insgesamt 40,5 Millionen Euro. Einer der Gründe für den weiteren Anstieg der Kosten sei laut Hermann die Insolvenz eines beauftragten Planungsbüros, das zum Zeitpunkt der Pleite aber bereits 33 Prozent der Leistungen erbracht hatte.

Kritik kam von Petra Riezler (SPD): „Warum wurde nie ein Neubau als Alternative geprüft?“ Sie erinnerte daran, dass schon früh auf die hohen Summen hingewiesen wurde, ohne die Option eines Neubaus systematisch in Betracht zu ziehen. Der Gemeinderat nahm die Vorlage schließlich einstimmig, bei einer Enthaltung an.

Schwarzweißfotografie aus den 1970er-Jahren. Im Vordergrund ein Infostand mit mehreren jungen Menschen unter einem großen Transparent mit der Aufschrift „AKTION SEE-UFERWEG“. Auf einem Schild steht: „Das Seeufer gehört allen! Unterstützen Sie die Aktion mit 1,- DM“. Im Hintergrund sitzen Menschen auf einer Wiese im Schatten von Bäumen. Die Szene zeigt eine Spendensammelaktion für den öffentlichen Zugang zum Konstanzer Seeufer, vermutlich im Rahmen der Proteste von 1975.

Wie Konstanzer:innen vor 50 Jahren den Seeuferweg erkämpften

Umbenennung des Seeuferwegs erst verwiesen und inzwischen doch wieder auf der Tagesordnung

Die geplante Umbenennung des Seeuferwegs in „Erwin-Reisacher-Weg“ spaltete den Rat. Befürworter:innen, darunter Reile (LLK), Hennemann (SPD), Schneider (Junges Forum Konstanz), Hofer (FGL&Grüne) und auch Stimmen aus der FDP würdigten Reisachers Rolle für die Öffnung des Seeufers. Reile betonte: „Ohne seinen Spaziergang gäbe es diesen Weg nicht.“ Achim Schächtle (FDP) hob hervor: „Die Umbenennung würde zeigen, dass Engagement in dieser Stadt etwas bewirken kann.“

Achim Schächtle sitzt für die FDP unter anderem im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss. | Foto: Philipp Uricher

„Die Umbenennung würde zeigen, dass Engagement in dieser Stadt etwas bewirken kann.“

Achim Schächtle (FDP)

Andreas Hennemann (SPD) begründete den Antrag von SPD und JFK mit der städtischen Verantwortung, Erinnerungsorte zu schaffen: „Es geht nicht nur um einen Namen, sondern um Identität und Anerkennung für das, was wir gemeinsam erkämpft haben.“ Er machte zudem klar, dass es keine Anwohner:innen gebe, die durch eine Adressänderung betroffen wären. Samuel Hofer (FGL&Grüne) ergänzte, Konstanz solle das Jubiläumsjahr nutzen, um „Menschen sichtbar zu würdigen, die Demokratie und Gemeingut gestärkt haben.“ Moritz Schneider (JFK) erinnerte an die Sonderstellung von Konstanz mit seinem frei zugänglichen Ufer und forderte, diesen Wert mithilfe der Umbenennung stärker ins Bewusstsein zu rücken.

Kritik kam dagegen von Roger Tscheulin (CDU) und Jürgen Faden (FW). Sie verwiesen auf die städtischen Richtlinien zur Straßenbenennung, die nur in Ausnahmefällen Namensgebungen nach Personen vorsehen. Tscheulin fragte: „Warum gerade hier eine Ausnahme machen?“ Er warf die Frage auf, ob nicht die Straßenbenennungskommission zuständig sei. Jürgen Faden stimmte dem zu und plädierte dafür, dass „man das Thema in die Kommission verweisen sollte.”

Gemeinderat zum Nachschauen: Hier wird der Geschäftsordnungsantrag mit 14 Stimmen von CDU und Freie Wähler beschlossen. | Fotot: Screenshot aus dem Podcast der Gemeinderatssitzung vom 25.9.25

Damit wurde offiziell ein Geschäftsordnungsantrag zum Verweis des Themas gestellt. Solche Anträge haben in einer Gemeinderatssitzung Vorrang und „unterbrechen die Sachdebatte”, wie es in der Geschäftsordnung des Konstanzer Gemeinderates nachzulesen ist. Für den Verweis reichen bereits sieben Stimmen aus. Mit den Stimmen der CDU und Freien Wähler (14 Stimmen) war die Zahl erreicht. Der Antrag wurde damit formal in die Kommission verwiesen. Im Saal herrschte Unruhe, ein Zwischenruf aus dem Publikum sorgte für Verwunderung und mehrere Ratsmitglieder redeten durcheinander.

Nachtrag: Verweisung rechtlich nicht zulässig

Nur wenige Tage nach der Sitzung stellte sich heraus, dass der Verweis des Tagesordnungspunktes in die Straßenbenennungskommission nicht rechtmäßig war. Die SPD rügte das Vorgehen als Verstoß gegen Gemeindeordnung und Hauptsatzung, mit der Begründung, dass nur in beschließende Ausschüsse verwiesen werden könne. Nicht aber in beratende Kommissionen wie die Straßenbenennungskommision.

Die SPD forderte OB Uli Burchardt schriftlich auf, den Beschluss aufzuheben – mit Erfolg. Burchardt hob die Verweisung auf und setzte den Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Gemeinderatssitzung.

Die SPD Konstanz postet ihr Anliegen auf Instagram. | Fotos: Screenshot

Klimastrategie auf dem Prüfstand: Bürger:innen fordern Nachbesserung

Frage von Theresa Eiskugel: Warum sieht die Klimastrategie 2035 der Stadt eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 95 Prozent vor, der Klimamobilitätsplan aber nur um rund 84 Prozent.

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn antwortete: „Wir erreichen 83,9 %, das reicht für die Förderung [durch das Land Baden-Württemberg]. Alles darüber hinaus müsste politisch gewollt und auch finanziert werden.“ Er ergänzte, dass der Umbau des Stephansplatzes im Frühjahr 2026 starten solle, direkt nach dem Weinfest. Anschließend überreichte Eiskugel dem Oberbürgermeister eine von Bürger:innen unterzeichnete Petition, die eine Nachbesserung des Klimamobilitätsplans fordert.

Theresa Eiskugel (rechts) überreicht OB Burchardt die Petition von Bürger:innen, die eine Nachbesserung des Klimamobilitätsplans fordert. | Foto: Sophie Tichonenko

Frage von Richard Bartscher an OB Burchardt: Welches Signal könne die Stadt unter den aktuellen schwierigen Bedingungen setzen, um die Umsetzung der Klimastrategie glaubwürdig voranzutreiben?

OB Uli Burchardt entgegnete, die Stadt werde ihre Ziele wohl nicht zu 100 Prozent erreichen, aber nur mit ambitionierten Vorgaben könne man ihnen überhaupt näherkommen und verwies auf das Beispiel von Philipp Baumgartner aus Kopenhagen. 

Tagesordnungspunkt „Verschiedenes”

OB sichert ideelle Unterstützung für Lutherkirche zu

Die evangelische Kirche zieht sich aus der Lutherkirche zurück. Die übergemeindliche „Förderinitiative Zukunft Lutherkirche” sammelt seit Ende 2024 Spenden für den Erhalt der Kirche und  möchte sie weiterhin als Kultur- und Konzertkirche nutzen. OB Burchardt bot der Initiative an, die Schirmherrschaft zu übernehmen oder diese anderweitig zu unterstützen: „Ein Ort wie die Lutherkirche muss im Stadtleben erhalten bleiben.“ Eine finanzielle Unterstützung seitens der Stadt sei nicht geplant.

Wie belebt ist das neue Parkhaus?

Sabine Feist (CDU) äußerte Sorge um Einbrüche im Einzelhandel in der Innenstadt und einen „Geisterparkplatz“ am Wochenende. Damit bezog sie sich auf das neu eröffnete „Parkhaus Europabrücke”. Bürgermeister Langensteiner-Schönborn  entgegnete: „Wir liegen über den geplanten Einnahmen. Jetzt geht es darum, das volle Potenzial auszunutzen.“ Um die Auslastung weiter zu steigern, würden die Stadtwerke Konstanz zusammen mit der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH prüfen, wo Info-Plakate und Banner angebracht werden können.

Kontroverse um Ratskultur: Moßmann kritisiert OB

Zum Abschluss sorgte eine Diskussion zwischen Wolfgang Moßmann (LLK) und OB Uli Burchardt für Aufsehen. Moßmann kritisierte, die Äußerungen des Oberbürgermeisters in der HFK-Sitzung am 23. September stellten die Qualität und Sachkenntnis des Gemeinderats infrage. 

Burchardt wies die Kritik zurück. Er habe nicht die Arbeit des Rates bewerten wollen, sondern lediglich auf die Folgen des Umbruchs nach der letzten Wahl hingewiesen: „Ich sehe eine Unsicherheit im Rat, weil 17 neue Mitglieder da sind, das war keine Bewertung, sondern eine Beobachtung.“ Zugleich betonte er, es gehe ihm vor allem um Informationsdefizite: „Mir geht es darum, vermeidbare Fehler zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu verbessern.“ Im Saal reagierten einige Ratsmitglieder hörbar irritiert auf die Auseinandersetzung. Abschließend ergänzte OB Burchardt: „Wenn man meine Bemerkung so verstehen konnte, dann tut mir das leid.“ 

Die Sitzungen des Konstanzer Gemeinderats können am Tag nach der Sitzung als Video-Podcast nachgeschaut werden – ganz bequem auf dieser städtischen Website. Die nächste öffentliche Sitzung findet am 23. Oktober um 16 Uhr statt. Wie immer gibt es eine Bürger:innenfragestunde, die in der Regel gegen 18 Uhr beginnt. Die genaue Uhrzeit und alle Themen findet ihr in der Tagesordnung, die vorab online veröffentlicht wird.