Geheimtipp für Spiele-Begeisterte

Die Ludothek Kreuzlingen ist ein Ort, an dem Spielen und Teilen im Mittelpunkt stehen. Freiwillige ermöglichen Familien und Spielbegeisterten, aus einer riesigen Auswahl an Spielen und Spielgeräten zu schöpfen.
  • Die Ludothek bietet seit 1986 die Möglichkeit an, Spiele für drinnen und draußen auszuleihen.
  • Freiwillige ermöglichen die Ausleihe; knapp 100 Kunden nutzen das Angebot.
  • Nur zwei Prozent stammen aus Konstanz, der Großteil sind Menschen aus Kreuzlingen.
  • Besonders beliebt sind Spielzeuge für Kleinkinder, Puppenhäuser und Laufräder.
  • Regelmäßig finden Spieleabende für Erwachsene statt, die gut besucht sind.
  • Ehrenamtliche übernehmen Ausleihdienste und Wartung der Spielzeuge.

„Wir wollen die Geburtstagskiste zurückgeben“, sagt Rebecca Klan und stellt eine große Plastikkiste neben den Eingangstresen. Eva Ludwig hat heute Dienst und kümmert sich etwa zwei Stunden lang ehrenamtlich um alle Ausleihen –  und um die Menschen, die Ausgeliehenes zurückbringen. In der Geburtstagskiste befinden sich bespielsweise drei bunte Säcke zum Sackhüpfen, ein Riesen-Mikado, Büchsen zum Dosenwerfen, Seidentücher, ein Seilziehseil und ein Schwungtuch.

Auch eine Ritterburg und eine Discokugel haben sich Klan und ihre beiden vier- und fünfjährigen Kinder ausgeliehen. Sie sagt:

„Das Praktische an der Ludothek ist, dass man nicht alle Sachen zu Hause haben musst, sondern öfter mal was Neues ausprobieren kann. Nach einer Woche sind viele Dinge sowieso nicht mehr interessant und man ist froh, dass man sie nicht gekauft hat.“

Rebecca Klan zeigt ihr Lieblingsspiel „Codenames“. | Fotos: Pauline Tillmann

Seit 1986 gibt es die Ludothek in Kreuzlingen mit einem Verein als Träger. Früher war sie im Bärenkeller untergebracht, 2019 ist sie ins Kult-X nahe der Schweizer Grenze umgezogen. Sie bietet über 800 Spiele an – für drinnen und draußen. Neben Brettspielen wie „Die Siedler von Catan“ und „Max Mäuse-Schreck“, „Zicke Zacke Hühnerkacke“, „Lotti Karotti“, „Carcassonne“ und „Das verrückte Labyrinth“ gibt es Holzspiele, bewegliche Ponys, Go-Karts, Einräder, Puzzles, Piratenschiffe, eine Werkbank und vieles mehr.

Knapp 100 Kundinnen und Kunden wurden im Jahr 2023 gezählt, davon kamen 65 Prozent aus Kreuzlingen und nur zwei Prozent aus Konstanz. Ein Drittel der Kundschaft kommt aus der Schweiz, unter anderem aus Tägerwilen und Bottighofen. Die Spielsachen können in der Regel für vier Wochen ausgeliehen werden, der Preis pro Spiel liegt zwischen einem und zehn Franken. Zuvor ist eine Jahresgebühr von 30 Franken zu entrichten. Einwohnerinnen und Einwohner von Kreuzlingen zahlen zehn Franken weniger, da das Projekt von der Stadt Kreuzlingen finanziell unterstützt wird.

Regelmäßig Spieleabende für Erwachsene

Einmal im Monat finden auch – auf Spendenbasis – Spieleabende für Erwachsene statt, die sich großer Beliebtheit erfreuen.

„Ich selbst war noch bei keinem Spieleabend dabei“, schmunzelt Eva Ludwig.

Die 52-jährige Ehrenamtliche ist gelernte Betriebswirtin, war im Management tätig und hat ihre Karriere zugunsten der Erziehung ihrer 14 und 16 Jahre alten Kinder aufgegeben. Einmal im Monat übernimmt sie einen der Donnerstagnachmittage in der Ludothek. Das Motto, das alle verbindet: gemeinsam nutzen und teilen.

Obwohl dieser Ansatz in die heutige Sharing Economy passt und dem Zeitgeist entspricht, ist es noch ein echter Geheimtipp. „Wir würden uns mehr Ehrenamtliche wünschen und auch, dass noch mehr Menschen unser Angebot nutzen“, gibt Ludwig zu. Auf Facebook und Instagram sei das Team zwar aktiv, aber das Ziel sei, die Werbemaßnahmen stark zu verbessern.

Dabei handele es sich durchaus um eine Gratwanderung, denn wenn man sehr viel Werbung mache, brauche man mehr Menschen, um die zusätzlichen Besucher:innen zu betreuen. Derzeit habe man etwa zehn feste Mitglieder, die Zeit und Energie einbringen, so gut sie können.

„Es gibt keine festen Regeln, wir sind alle flexibel und arbeiten gemeinsam daran, die Ludothek am Laufen zu halten.“

    Die Spiele sind nach unterschiedlichen Kategorien sortiert, unter anderem nach Alter.

    Zehn Freiwillige wechseln sich ab

    Aufwändig sind jedoch nicht nur die Dienste, sondern auch die Wartung der Spielzeuge und auch die Reparaturen. Nach der Abgabe müssen die Teile gezählt und nicht selten fehlende Teile ersetzt werden. „Das ist manchmal sehr frustrierend“, gibt Ludwig zu. Eine der freiwilligen Mitarbeitenden kümmert sich um die Buchhaltung. Ein Blick in die Statistik zeigt: Am beliebtesten sind Spielzeuge für Kleinkinder der Marke „Fisher Price“, Puppenhäuser, Laufräder, Tandem-Dreiräder und die Holzkugelbahn.

    Auch Rebecca Klan engagiert sich ehrenamtlich in der Ludothek und hat neben der Geburtstagskiste schon ein Barbieauto, Reittiere, Trittsteine, einen Parkour und ein Karaoke-Spiel ausgeliehen. Auch das Puppentheater kann sie wärmstens empfehlen. Daneben gehören ein Keyboard, ein Tisch-Kicker und sogar eine Popcornmaschine zum Sortiment. Obwohl die Ludothek ein breites Angebot hat, gibt es auch Grenzen. Ludwig erklärt:

    „Wir haben uns bewusst gegen Computerspiele entschieden. Das passt einfach nicht in unser Konzept.“

    Blick in die Statistik

    Die Statistik zeigt, dass in Deutschland knapp 32 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Computerspiele spielen, davon etwa 15 Prozent fast täglich. Das Interesse an Computerspielen erstreckt sich über alle Altersgruppen, ist aber bei den 18- bis 29-Jährigen besonders ausgeprägt (54,5 Prozent). Auch ältere Menschen ab 65 Jahren spielen regelmäßig (25,9 Prozent). Bei den Vorlieben zeigen sich Unterschiede zwischen den Generationen: Jüngere Spieler bevorzugen PCs und Konsolen, während Ältere eher zu Smartphones und Tablets greifen. Konsolen sind in Haushalten mit Kindern deutlich beliebter als in Haushalten ohne Kinder.

    Physische Brettspiele sind in Deutschland insgesamt nach wie vor sehr beliebt und ihre Nutzung ist über verschiedene Altersgruppen hinweg verbreitet. Erwachsene und Senior:innen spielen oft traditionelle Spiele wie Schach, Dame oder Karten, während Jüngere zunehmend moderne Brett- und Kartenspiele bevorzugen, bei denen es um Strategie geht. Besonders Familien schätzen Brettspiele als gemeinsame Aktivität, die soziale Interaktion und gemeinsames Erleben fördert. So finden sich in der Ludothek auch zahlreiche „Spiele des Jahres“.

    Der Preis „Spiel des Jahres“ ist eine der renommiertesten Auszeichnungen in der Welt der Gesellschaftsspiele. Seit 1979 wird er jährlich von einer Jury aus Spielekritikern und Spieleexpertinnen für herausragende Brett- und Kartenspiele vergeben. Ziel des Preises ist es, das Kulturgut Spiel zu fördern und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die ausgezeichneten Spiele zeichnen sich durch hohe Spielqualität, Innovation und ansprechende Gestaltung aus. Das sind die Preisträger der vergangenen zehn Jahre:

    2024: Sky Team, Verlag Kosmos

    2023: Dorfromantik, Verlag Pegasus Spiele

    2022: Cascadia, Verlag Flatout Games

    2021: MicroMacro: Crime City, Verlag Pegasus Spiele

    2020: Pictures, PD-Verlag

    2019: Just One, Verlag Repos Production

    2018: Azul, Verlag Next Move

    2017: Kingdomino, Verlag Pegasus Spiele

    2016: Codenames, Heidelberger Spieleverlag

    2015: Colt Express, Verlag Ludonaute

    2014: Camel Up, Verlag Pegagus Spiele

    2013: Hanabi, Verlag Abacusspiele

    2012: Kingdom Builder, Verlag Queen Games

    2011: Qwirkle, Verlag Schmidt

    2010: Dixit, Verlag Libellud

    2009: Dominion, Verlag Hans im Glück

    2008: Keltis, Verlag Kosmos

    2007: Zooloretto, Verlag Abacus

    2006: Thurn und Taxis, Verlag Hans im Glück

    2005: Niagara, Verlag Zoch

    2004: Zug um Zug, Verlag Days of Wonder

    Auch Spielgeräte für draußen kann man ausleihen, wie Eva Ludwig zeigt.

    Darauf sind wir stolz

    Die Ludothek ist ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Angebots in Kreuzlingen und beteiligt sich immer wieder an städtischen Anlässen. Neben Spielstraßen und Stadtfesten bietet sie auch ein Ferienprogramm für Schüler:innen an. „Nicht jede Stadt hat eine Ludothek – und darauf sind wir stolz.“ Ihre Motivation mitzumachen? Es mache ihr einfach Spaß und sie sehe in ihrem Ehrenamt eine sinnvolle Beschäftigung.

    Die Ludothek ist – das wird nach dem Besuch deutlich – mehr als nur ein Ort, an dem man Spiele ausleihen kann. Sie ist ein Treffpunkt für Familien, an dem Kinder und Erwachsene gleichermaßen Freude am Spielen finden. „Die Kinder lieben es, hier zu spielen und sich Spiele auszusuchen“, fasst Eva Ludwig zusammen1.

    „Es ist ein Ort, an dem sie sich frei bewegen und ihre Kreativität entfalten können. Was kann es Schöneres geben?“

    Öffnungszeiten der Ludothek Kreuzlingen:

    Donnerstags zwischen 16.30 und 18.00 Uhr

    Samstags zwischen 9.30 und 11.00 Uhr

    Zur Webseite: https://www.ludothek-kreuzlingen.ch/

    Während der Schweizer Schulferien geschlossen.

    1. Kommentar von Guido Heinecke Geschäftsführer 
      Spiel des Jahres e.V., der uns am 2. September per Email erreicht hat: „Spielen scheint in die Konstanzer DNA eingeschrieben zu sein. Hier wohnen einfach sehr viele Menschen, die gerne spielen. Woran das liegt? Vielleicht an den trüben Tagen in Herbst und Winter, wenn man mit netten Freunden, guten Bekannten oder auch interessanten Fremden gemeinsam am Tisch spielt; vielleicht liegt es aber auch am niedrigen Altersdurchschnitt dank der beiden Hochschulen. Auch seitens der Spiele-Erfinder, wir nennen sie Autoren, ist die Quote der erfolgreichen und ausgezeichneten Menschen höher als in allen anderen Städten. Michael Palm gewann 2023 mit „Dorfromantik“ das Spiel des Jahres, Tom Sing 2020 mit „Die Crew“ das Kennerspiel des Jahres und Steffen Bogen sogar gleich zweifach mit „Schnappt Hubi“ (Kinderspiel des Jahres 2012) und „Camel Up“ (Spiel des Jahres 2014). Alle wohnen, arbeiten und spielen in Konstanz. Seit kurzem treffen die drei sich sogar zu Autoren-Spieletreffs im Doppio.“
      ↩︎