Wie gesund essen Konstanzer Kinder?

Bio oder konventionell? Vor Ort in der Kita kochen oder liefern lassen? Was kommt in den Konstanzer Kitas auf den Tisch? Was empfehlen Fachleute? Wir haben uns umgehört.
Das Foto zeigt einen Tisch in einer Kitatagesstätte.

Die städtischen Kitas werden alle von einem Caterer beliefert. Mandy Krüger vom Pressereferat der Stadt Konstanz sagt mit Blick auf das Essen in den Kindertagesstätten: Es handele sich um „eine ausgewogene Mischkost mit reichlich pflanzlichen und mäßig tierischen Lebensmitteln“, Fett, Zucker und Süßwaren würden nur mäßig eingesetzt. Etwa 20 Prozent aller Lebensmittel seien bio. Berücksichtigt werde immer die Saisonalität, sprich, es kommen Nahrungsmittel auf den Tisch, die aktuell wachsen. Die Kita-Kinder beziehungsweise die Eltern hätten die Möglichkeit, ein vegetarisches Essen zu wählen, drüber hinaus würden „ethnische und religiöse Aspekte, Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien und krankheitsbedingte Einschränkungen der am Essen teilnehmenden Kinder berücksichtigt“. Die Zubereitung der Speisen vor Ort sei derzeit in den städtischen Kitas nicht möglich, „da es an den dafür notwendigen technischen Gerätschaften und räumlichen Möglichkeiten fehlt“, ferner wäre dafür zusätzliches Personal nötig. Gerne, so Mandy Krüger, „würden wir in diese Richtung weiter denken“ – gleichzeitig solle das angebotene Essen aber kostengünstig bleiben und nach Möglichkeit zwischen drei und vier Euro je Mahlzeit liegen.

Das Foto zeigt Mandy Krüger vom Pressereferat der Stadt Konstanz.

Alle Anbieter müssten sich an den Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DEG) orientieren – und an dem „anerkannten Konzept der optimierten Mischkost“ des Forschungsinstituts für Kinderernährung. Die Stadt als Betreiberin der Kitas müsse das Vergaberecht beachten, es müsse sichergestellt werden, dass die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in „einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren“ stattfinde, deshalb sei es nicht möglich, einfach einen Caterer aus der Region zu beauftragen.

Freier Träger, freie Wahl

Solche Probleme haben freie Träger nicht. Das Kinderhaus der Universität Konstanz zum Beispiel bezieht seine Grundprodukte unter anderem von regionalen Metzgern, von Bode Naturkost und Bio Pestalozzi, so die Auskunft von Helena Dietz, Pressesprecherin der Uni. Das in der kinderhauseigenen Küche gekochte Essen entspreche „unseren Leitlinien der Nachhaltigkeit und Ausgewogenheit“ und sei „möglichst frei“ von sogenanntem Convenience-Food. Convenience steht für Fertigprodukte oder Fertiggerichte wie Konserven, Tiefkühlkost, Komplettgerichte für die Mikrowelle, Backmischungen, Instant-Pudding und Tütensuppen, welche bereits weitgehend verzehrfertig sind und nur noch aufgewärmt werden müssen.

In der Uni-Kita gibt es einen Koch, der zusammen mit einer Auszubildenden und mit einer Küchenhilfe die Mahlzeiten zubereitet. So komme ein- bis zweimal in der Woche Fleisch auf den Tisch, einmal in der Woche Fisch und zwei- bis dreimal vegetarisches Essen. An den Fleisch- oder Fischtagen gebe es immer auch die Möglichkeit „eine vegetarische Alternative“ zu wählen. Jeden Tag seien zudem Salate oder Gemüsesticks im Angebot sowie Obst oder Joghurt zum Nachtisch. Mahlzeiten direkt von einem Caterer kämen nicht in Frage, denn „alle uns bekannten Caterer kochen für Erwachsene und können sich nicht auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen“ – zum Beispiel alle Gemüse einzeln sichtbar und nicht zusammengerührt anbieten, keine Nüsse, weil hochallergisch. „Unsere Erfahrung ist auch, dass selbst Caterer mit einem Bio-Label sehr viel Convenience-Food verwenden.“

In der Kita Krümelkiste gibt es mal Essen mit Fleisch, mal Vegetarisches. „Die Auswahl über das Essen treffen wir“, sagt der Leiter der Einrichtung, Dino Schneider. „Sollten Kinder vegetarisch ernährt werden, berücksichtigen wir das und bestellen an Tagen mit Fleischgerichten zusätzlich vegetarische Gerichte für diese Kinder.“ Die Mahlzeiten würden vom Pestalozzi Kinderdorf in Wahlwies geliefert. Aus seiner Sicht ist es nicht schwierig, einen regionalen Caterer zu finden. Man sei sehr zufrieden mit dem Pestalozzi Kinderdorf, „ein Wechsel kam bisher nicht in Frage“. Das Essen sei biologisch, regional und die Küche versuche „Wünsche unsererseits zu berücksichtigen“, so werde Nachtisch zum Beispiel durch Obst ersetzt.

Das Landesministerium für Ernährung empfiehlt Obst, Gemüse sowie Milch und Milchprodukte, weil diese „lecker schmecken und reich sind an wertvollen Nährstoffen – eine ideale Zwischenmahlzeit für Kinder“. Die Europäische Union fördert die Abgabe dieser Produkte an schulische und vorschulische Einrichtungen. Die Kinder sollen dadurch an ein „gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten“ herangeführt werden. Das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg kümmert sich um eine ausgewogene und altersgerechte Essensversorgung von Kita- und Schulkindern, das Zentrum ist die landesweite Anlaufstelle für alle Fragen rund um Essen und Trinken in Schulen und Kitas.

Die AOK-Baden-Württemberg unterstützt Kitas bei der Gesundheitsförderung der Kinder mit dem Präventionsprogramm „JolinchenKids“. Im Mittelpunkt stehen nicht nur die Ernährung der Kita-Kinder, sondern auch die Bewegung und das seelische Wohlbefinden. Ebenso viel Wert legt „JolinchenKids“ darauf, Eltern aktiv einzubeziehen und die Gesundheit der Erzieher:innen zu fördern. Die AOK begleitet die Kitas aktiv bei der Umsetzung – mit Schulungen, Materialien, Workshops, Kurs- und Beratungsangeboten.

Die richtige Ernährung

Die Ökotrophologin und Präventionsexpertin bei der AOK Hochrhein-Bodensee, Nina Blattmann, sagt: Ausgewogene Ernährung sei für Kinder nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, „um die körperliche, psychische und kognitive Entwicklung der Kleinen zu fördern“. Kitas könnten einen großen Beitrag leisten und die Angebote und eine Atmosphäre schaffen, damit Kinder ausgewogen essen, mit ausreichend Obst, Gemüse und ungesüßten Getränken. 

Ernährungsberaterin Nina Blattmann von der AOK Hochrhein-Bodensee.
Foto: Sira Huwiler-Flamm

Kinder seien neugierig, wollten Neues ausprobieren und orientierten sich gerne an anderen. Daher hätten Kitas die Möglichkeit, „mit Spaß und beim gemeinsamen Ausprobieren gesundes Essen erlebbar zu machen“. Dazu zählten beispielsweise sogenannte Trinkoasen mit ungesüßten Getränken, die den Kindern jederzeit zur Verfügung stehen sollten. Die Expertin schlägt auch einen „Bunten Garten“ vor, einen Ort, an dem Rohkost und Obst zur Selbstbedienung bereitstehen. „Je bunter und abwechslungsreicher das Angebot ist, desto besser.“ Das wecke die Neugier und ermögliche es den Kindern, eine Vielfalt an gesunden Lebensmitteln kennenzulernen. „Denn Essgewohnheiten, die sich im Kindesalter ausbilden, prägen das Verhalten bis ins Erwachsenenalter.“

Qualität statt Quantität

Die Konstanzerin Xenia Kraus ist Erzieherin, Fachwirtin für Organisation und Führung im Sozialwesen und Ernährungsberaterin für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende. Sie sagt:

„Ernährung ist Teil des Bildungsauftrages Gesundheit, deshalb sollte Ernährungsbildung nichts Zusätzliches in Kindertagesstätten sein.“

Xenia Kraus, Ernährungsberaterin

Die Zahl der Kinder in der Ganztagsbetreuung nehme immer weiter zu. Deshalb hätten Kitas „Verantwortung für die ausgewogene Ernährung der Kinder“, was viele Chancen biete, den Kindern eine vielseitige Erfahrungswelt im Bereich Ernährung und Essen zu eröffnen. Für das Frühstück, das meistens von daheim in die Kita mitgebracht wird, empfehle sie den Eltern Getreideprodukte, Obst, Gemüse und Eiweiß. Von Süßigkeiten und Kuchen indes rate sie ab. Ein ideales Mittagessen für Kinder? „Sollte nicht schwer im Magen liegen und mit allen nötigen Nährstoffen versorgen.“ 

Die Kita im Kreis Konstanz, in der Kraus arbeitet, bekommt das Mittagessen von einem Lieferanten. „Wir haben die Möglichkeit zwischen zwei Gerichten zu wählen, hierbei versuchen wir die Kinder mit einzubeziehen, indem wir sie mitentscheiden lassen, welches der Gerichte wir wählen sollen. Wir nutzen diese Möglichkeit, verschiedene Lebensmittel und Speisen den Kindern vertraut zu machen und darüber zu sprechen. Wir legen Wert darauf, dass die Gerichte Gemüse oder Salat beinhalten. Einmal in der Woche gibt es ein Fleischgericht sowie ein Fischgericht“. Keine Frage: Es sei von Vorteil, wenn in der Kita gekocht wird – was jedoch nicht für jeden Träger möglich sei.

„Grundsätzlich denke ich, dass man mit jedem der Verpflegungssysteme – mit Kühlkost, mit Tiefkühlkost und mit Warmverpflegung – eine gute Essensqualität erreichen kann.“

Dabei gelte es, auf eine schonende Zubereitung, kurze Warmhaltezeiten und eine Ergänzung mit Frischkost zu achten. Fleisch und Fisch bräuchten Kinder nicht jeden Tag. Maximal dreimal Fleisch pro Woche sei „mehr als genug“. Die Fachfrau empfiehlt auch, auf eine Tierhaltung zu achten, die sich am Wohle des Tieres orientiert. „Ich persönlich empfehle, wenn Fleisch und Fisch auf den Teller kommen, lieber weniger und von guter Qualität.“

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