Zwei Vorschläge lagen auf dem Tisch – keiner bekam eine Mehrheit. Was nach politischem Alltag klingt, zeigt ein tieferliegendes Problem: Konstanz kommt bei der Mobilitätswende nicht vom Fleck.
Kritik an der Beschlussvorlage: Klimarhetorik ohne soziale Substanz
Die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung wurde von mehreren Seiten kritisch gesehen – nicht zuletzt, weil sie zwar auf Klimaziele verweist, aber konkrete Umsetzungsstrategien schuldig bleibt. Zwar nennt die Verwaltung die Maßnahme einen Bestandteil der städtischen Mobilitäts- und Klimaschutzstrategie, doch weder ist festgelegt, wie genau die erwarteten Mehreinnahmen in den ÖPNV oder andere ökologische Maßnahmen fließen sollen, noch gibt es einen sozialen Ausgleich für Menschen mit geringem Einkommen oder aus schlecht angebundenen Stadtteilen.
Im Gegenteil: Die Vorlage enthält keinerlei Verpflichtung zur Weiterentwicklung des Busangebots, keine Tarifverbesserung, keine Sozialstaffelung – und keine Form von Bürger:innenbeteiligung. Damit bleibt der Vorschlag im Kern eine Gebührenerhöhung ohne inhaltliche Gegenleistung. Was nicht nur die Linke Liste Konstanz (LLK) zum Nein veranlasste, sondern vermutlich auch für viele Bürger:innen schwer vermittelbar ist.
Der von FGL & Grüne und SPD eingebrachte Ratsantrag ging inhaltlich deutlich weiter: Er sah eine zweckgebundene Verwendung der Parkgebühren zur Finanzierung günstigerer Bustickets vor – ein Schritt, der ökologische Steuerung mit sozialer Entlastung verknüpfen sollte. Dass auch dieser Vorstoß scheiterte, macht die politische Spannung deutlich, die zwischen ambitionierten Klimazielen und der Frage nach sozialer Tragfähigkeit liegt.
🗳 Die Abstimmung im Überblick
Antrag von FGL & Grüne und SPD | 19 Ja- Stimmen/21 Nein-Stimmen | abgelehnt |
Verwaltungsvorschlag | 20 Ja- Stimmen/20 Nein-Stimmen | bei Stimmengleichheit abgelehnt |
Damit wurden beide Vorschläge abgelehnt
Stillstand bei der Mobilitätswende
Dass am Ende beide Vorschläge abgelehnt wurden, lässt die Stadt in einer verkehrspolitischen Hängepartie zurück. Statt eines Kompromisses bleibt alles beim Alten, und die politische Verantwortung wird vorerst vertagt. Gerade mit Blick auf steigende Lebenshaltungskosten, ein defizitäres Nahverkehrssystem und ambitionierte Klimaziele wirft das Fragen auf.
Die Debatte hat gezeigt, wo die Knackpunkte liegen: bei der Verbindung ökologischer Ziele mit sozialer Ausgewogenheit und bei der Bereitschaft, über Fraktionsgrenzen hinweg tragfähige Lösungen zu entwickeln. In Kreuzlingen ist ein 1-Franken-Ticket längst Realität, finanziert über Parkgebühren und mit breiter politischer Zustimmung. In Konstanz wurde dieses Modell mehrfach als Vorbild genannt. Konkrete Schritte in diese Richtung? Fehlanzeige.
Wer die Verkehrswende ernst meint, muss bereit sein, Maßnahmen nicht nur anzukündigen, sondern auch durchzusetzen. Dafür braucht es politischen Willen, Kompromissfähigkeit – und den Mut, Entscheidungen nicht länger zu vertagen.
Die Sitzungen des Konstanzer Gemeinderats können am Tag nach der Sitzung als Video-Podcast nachgeschaut werden – ganz bequem auf dieser städtischen Website. Die nächste Sitzung findet am 22. Mai um 16 Uhr statt. Wie immer gibt es eine Bürger:innenfragestunde, die in der Regel gegen 18 Uhr beginnt. Die genaue Uhrzeit und alle Themen findet ihr in der Tagesordnung, die vorab online veröffentlicht wird.
Parkgebühren rauf, Buspreise runter? Gemeinderat sagt Nein
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