Raus aus den alten Rollenbildern!

Hier ein Fußballturnier, da ein Konzert und dann noch Einkaufen: Wenn ein Elternteil am Wochenende arbeiten muss, hängt der andere in den Seilen. Doch sie sind nicht allein. Ein Perspektivwechsel kann helfen.
Termine koordinieren, Haushalt wuppen und sich um die Kinder kümmern kann ganz schön herausfordernd sein. I Foto: Unsplash

Sind für Dich diese vollgepackten Wochenenden im Bodensee-Herbst so hart? Freizeitstress pur. Erst recht sind für mich die Wochenenden anstrengend, wenn ich alles allein schubsen muss, weil mein Partner arbeitet. Ich sehe Familien, die in vollständiger Besetzung durch die Stadt flanieren und versinke in Selbstmitleid. Obwohl ich an einem der tollsten Orte der Welt lebe.

Dabei vergesse ich zweierlei: Erstens verwirrt mich ein komplett unrealistisches Familienbild; zweitens profitiere ich wie selbstverständlich davon, dass andere für mich am Wochenende arbeiten.

Kita, Schule, Erziehung, Pflege, Freizeit – Familienpolitik betrifft fast alle Menschen in Konstanz. Deshalb widmen wir uns diesen Themen künftig verstärkt in einem themenspezifischen Newsletter. Er heißt „familie mit k“ und erscheint alle 14 Tage donnerstags. Du kannst ihn hier kostenlos abonnieren.

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Konflikte in Familien


In Deutschland arbeiten 64 Prozent aller Väter von Kindern unter 16 Jahren zumindest gelegentlich am Samstag, 43 Prozent am Sonntag. Von den Müttern ist rund die Hälfte auch mal am Samstag und weniger als ein Drittel sonntags im Dienst. So lauten letzte Zahlen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels

Ich bin also nicht allein. Es ist selektive Wahrnehmung, wenn mir am Wochenende nur vollständig besetzte Familien auffallen. Aber erhoben wurde auch, dass diese Situation zu Konflikten in Familien führt – insbesondere, wenn die Arbeitszeit nicht flexibel gestaltet werden kann.

Es kommt auf die Haltung an


Als ich die Familienberaterin und Coachin Andrea Kullmann auf mein Selbstmitleid anspreche, bringt sie es auf die nächste Ebene und sagt: „Da geht es um Bilder der Gesellschaft, in der man aufwächst, und vor allem darum, welches Familienbild man selbst hat oder haben will.“ Sie fragt mich, was mich an den Wochenenden tatsächlich stresst.

Und plötzlich fällt mir ein, wie ich es auch genieße, am Wochenende spontane Spinnereien mit den Kids auszuleben. Wie sehr sie von einem Papa-Tag unter der Woche profitieren. Und dass auch ich froh bin, wenn mein Partner mir am Sonntag Zeit für liegengebliebene Projekte gibt. Flexibilität ist das Motto. Etwas, das Andrea Kullmann schon als Kind gelernt hat: Ihre Familie hat im Gesundheitsbereich gearbeitet.

Danke für Euren Einsatz!


Letztlich können wir alle die Wochenenden nur genießen, weil auch Väter und Mütter für uns arbeiten. Nicht nur organisieren hunderte als Freiwillige Feste und andere Veranstaltungen. Sie ermöglichen es mir, am Samstag bis 22 Uhr im E-Center Baur Grillwürste für den Sonntag zu holen. Sie verkaufen sonntags Tickets auf der Fähre nach Meersburg und vermieten Tretboote. 

Sie bringen zum Fußball-Spiel Getränke und passen bei Festen darauf auf, dass meine Kinder nicht untergehen. Und wenn meine Tochter dort in eine Wespe tritt und nach Atem ringt, sind sie im Krankenhaus für sie da. Danke dafür! Ohne Euch geht es nicht. Und ich höre auf zu motzen und genieße den Herbst am See. 

Ein kühles Getränk am See nach Feierabend ist für viele, nicht nur im Sommer, ein Highlight des Tages.
I Foto: Pauline Tillmann