Wie der städtische Haushalt uns alle betrifft

Im Gemeinderat wird über den Haushaltsplan diskutiert und entschieden. Ob im Bodenseeforum oder im Ratssaal – die Haushaltsverhandlungen scheinen oft so weit weg von den Bürger:innen. Dabei haben die Budgetplanungen direkt Auswirkungen auf ihr Leben.
Die Illustration zeigt einen Apfel mit dem Wappen der Stadt Konstanz, an dem viele Bürger:innen nagen.
Grafik: Alexander Wucherer

Als kürzlich Budgetkürzungen beim Sport in Konstanz im Gespräch waren, war es für alle in der Stadt zu spüren. Die Vereinsmitglieder protestierten. Viele Sportler:innen sahen direkte Auswirkungen in dieser möglichen Entscheidung. Wird jetzt etwa mein Training nicht mehr stattfinden? 

Eine direkte Betroffenheit von Kürzungen im Konstanzer Haushalt gibt es, denn schließlich werden im städtischen Haushalt die Gelder festgelegt, die die Stadt für bestimmte Bereiche einplant. Für Kultur, Sport, Straßenbau, Spielplätze. Stephan Grohs, Professor am Lehrstuhl für Politikwissenschaft an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, sagt: „Betroffen ist jeder vom Haushalt, wenn er in der Stadt wohnt, weil die Infrastruktur, die er nutzt, davon abhängt.“ Einerseits. 

Andererseits ist der Haushaltsplan viel zu abstrakt und oft nicht verständlich genug, damit die Bürger:innen ihn verstehen. 315 Millionen Euro – ist das jetzt viel oder wenig Geld? „Wir sind noch weit davon entfernt, dass der Haushalt Auskunft darüber gibt, was jetzt mit einer konkreten Summe an Output erzeugt wird“, sagt Stephan Grohs. „Wenn das Schul- und Sportamt angibt, wir brauchen Geld für Personalkosten in einer bestimmten Höhe, was ist dann das, was konkret dabei rauskommt? Wie viel Geld brauche ich für den Ganztagesausbau von Schulen? Was für Personal- und Verwaltungskosten? Das ist schwer zu durchschauen.“

Kürzungen auf der einen Seite, Erhöhungen auf der anderen: So lässt sich der Haushaltsplan für die nächsten zwei Jahre zusammenfassen. Die Stadt hat ein strukturelles Defizit: Sie gibt jedes Jahr 15 Millionen Euro mehr aus, als sie einnimmt. Um dem entgegenzuwirken, sieht der neue Haushaltsplan eine Erhöhung von Steuern und Gebühren vor. Dadurch sollen 9 Millionen Euro mehr in die städtische Kasse fließen – 2,5 Millionen Euro pro Jahr durch die Gewerbesteuer, 3,5 Millionen Euro durch die Erhöhung der Grundsteuer. Die Grundsteuer trifft alle Konstanzer:innen – bei einer Drei- bis Vierzimmerwohnung laut einer Beispielrechnung sind das jährliche Mehrkosten von 39 Euro. Zwar betrifft die Abgabe eigentlich Eigentümer:innen, doch auch Mieter:innen können infolgedessen Erhöhungen bei der Nebenkostenabrechnung erwarten. 

Die Betroffenheit vom kommunalen Haushalt existiert auf zwei Wegen: Alle arbeitenden Konstanzer:innen zahlen Einkommenssteuer, davon landen 15 Prozent im städtischen Haushalt ein. Bei den Gewerbetreibenden – also Restaurantbetreiber:innen oder Ladenbesitzer:innen – ist es durch die Gewerbesteuer sogar eine direkte Betroffenheit. Deshalb spüren die Gewerbetreibenden die geplante Erhöhung der Gewerbesteuer direkt. Konstanzer:innen zahlen zudem Gebühren, Beiträge und andere Steuern in den Haushalt ein. Die Einnahmen betreffen also die ganze Stadt, noch stärker sind die Auswirkungen für viele aber bei den Ausgaben zu spüren. „Je nachdem, was die Bürger:innen brauchen und welche Leistungen sie in Anspruch nehmen, betrifft der Haushalt sie an unterschiedlichen Stellen“, sagt Stephan Grohs. „Wenn Sie Eltern mit Kind als eine Interessengruppe nehmen, haben die natürlich andere Prioritäten als jemand, der als Studierender hierher kommt. Der will vielleicht eher eine gute ÖPNV-Verbindung auf den Berg hoch und, dass die Fahrradwege gut ausgebaut sind.“

Für Sportbegeisterte: Der Schänzle-Erweiterungsbau

„Über den städtischen Haushalt werden Finanzen geplant und verteilt. Hier wird geregelt, in welchen Bereichen des öffentlichen Lebens welche Dienstleistungen angeboten und Investitionen getätigt werden. Insofern betrifft der städtische Haushalt alle Konstanzer:innen.“ 

Thomas Stegmann, Hochbauamt

In Konstanz steht mit dem Erweiterungsbau der Schänzle-Halle in den nächsten Jahren ein Millionenprojekt für den Sport ins Haus. Im Februar 2023 startet die Stadt Konstanz mit dem Anbau der Schänzle-Sporthalle. Der Grund: Bisher gab es Engpässe bei der Belegung der Halle, die vor allem von der HSG und dem Turnverein Konstanz genutzt wird. Mit dem Erweiterungsbau reagiert die Stadt auf die steigende Nachfrage für die sportlichen Angebote, er soll ab Sommer 2024 genutzt werden. „Die zusätzlichen Kapazitäten stehen über die Sportvereine und deren Angebote der gesamten Stadtbevölkerung zur Verfügung“, erläutert Thomas Stegmann vom Hochbauamt.

Das Bild zeigt die Schänzle-Sporthalle.

Rund neun Millionen Euro kostet das Bauvorhaben. Die Stadt greift dabei auf zwei Förderungen zurück, eine in Höhe von etwa 420.000 Euro vom Land Baden-Württemberg. Weitere 334.560 Euro werden von der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert. Knapp über sieben Millionen Euro muss die Stadt damit aus ihrem eigenen Budget tragen. Ist der Anbau seine neun Millionen Euro wirklich wert? Darauf hat Thomas Stegmann eine klare Antwort: Ja, die Kosten und der Nutzen für die Konstanzer:innen stünden im Verhältnis. „Nicht vergessen werden darf hierbei die wichtige Rolle, die Sport und Sportvereine grundsätzlich für die Gesellschaft spielen, wie zum Beispiel im Rahmen der Gesundheitsförderung, Integration oder im Ehrenamt. Das alles ist jedoch nur möglich, wenn der Sport Raum hat, in dem er auch ausgeübt werden kann.“

Bereits 2016 wurde mit der Planung des Vorhabens begonnen, seitdem ist viel Zeit vergangen. Im November 2020 entschied der Gemeinderat sich zwar für den Erweiterungsbau, stellte aber eine energetische Optimierung als Bedingung.

Für den Neubau werden nach Angaben des Hochbauamts nur 40 Prozent der Energie eines vergleichbaren Referenzgebäudes benötigt. Die benötigte Energie kommt aus erneuerbaren Energieträgern. Dafür werden auf dem Dach und an der Südfassade Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung verbaut. Der gewonnene Strom kann über Pufferspeicher zwischengespeichert werden. Die Wärmeerzeugung im Neubau erfolgt über Wärmepumpen, die wiederum mit dem erzeugten Strom der PV-Anlagen gespeist wird. 

Dann hagelte es Absagen von Fördergebern und „in der Planungsphase haben sowohl die Auswirkungen des Klimanotstandes als auch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Verwerfungen im Bausektor zu Verzögerungen geführt“, so Stegmann. 

In der Zwischenzeit ist der Preis für den Neubau von sechs auf 7,9 Millionen Euro angestiegen. Das ist neben der energetischen Optimierung vor allem auf die angespannte Lage im Bausektor zurückzuführen. Die Preise für Bauleistungen sind allein in den letzten beiden Jahren um 25 bis 35 Prozent pro Jahr gestiegen. Durch die gestiegenen Kosten musste der Gemeinderat im September dieses Jahres erneut über das Vorhaben abstimmen. 

In den Haushaltsplanungen hat das Hochbauamt bereits weitere Kostensteigerungen von bis zu 20 Prozent mit einkalkuliert – also bis zu 1,6 Millionen Euro on top. Die Kalkulation kommt nicht von ungefähr: Die aktuellen Ausschreibungsergebnisse zeigen marktbedingt eine weitere Kostensteigerung von 17 Prozent. Noch teurer als die nun kalkulierten neun Millionen Euro soll es aber nicht werden, da bereits ein Großteil der Bauleistung ausgeschrieben ist; vor allem die kostenintensiven Gewerke.

Für Kids und Teens: Das Kinder­kulturzentrum

„Die finanziellen Mittel des Sozial- und Jugendamtes dienen der sozialen Daseinsfürsorge, einem guten gesellschaftlichen Miteinander sowie der Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Da diese Zielsetzungen und Aufgaben von einer Vielzahl freier Träger und weiterer Partner verfolgt und umgesetzt werden, finanziert die Stadt durch Zuschüsse und Förderungen über ihre eigenen Einrichtungen und Strukturen hinaus mit.“ 

Alfred Kaufmann, Leiter des Sozial- und Jugendamts Konstanz

An diesem Morgen herrscht im KinderKulturZentrum (KiKuZ) Stille. Außerhalb der Öffnungszeiten stehen die Stühle in der Holzwerkstatt noch auf den Tischen, die Sitze im Kino sind leer und die Klettergriffe an der Boulderwand sind noch unberührt. Es fühlt sich nach der Ruhe vor dem Sturm an, denn am Nachmittag starten die offenen Angebote im KiKuZ. Dann nutzen Konstanzer Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren die Kreativwerkstatt, den Leseraum der Bibliothek oder den Bastelbereich. 

Am Freitag ist Veranstaltungstag. „Es gibt nur wenige Konstanzer Familien, die das KiKuZ nicht von innen kennen“, sagt Alfred Kaufmann, Leiter des Sozial- und Jugendamts. Denn das KiKuZ gibt es schon seit 67 Jahren. Von 2017 bis 2019 wurde das Gebäude am Raiteberg rundum saniert. Neues trifft hier auf Tradition: „Wir wollen eine Balance schaffen zwischen den klassischen Angeboten des KiKuZ, mit denen sich viele Kinder und Familien identifizieren, und dem, was man den Kindern heute bieten muss“, sagt Irene Jun von der Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Konstanz. Das KiKuZ bietet Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 14 Jahren Angebote zur Freizeitgestaltung – mit kulturellen, pädagogischen und kreativen Angeboten. 

Das Bild zeigt den Schriftzug KiKuZ.
Foto: Wiebke Wetschera

Damit fällt das KiKuZ in den Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienförderung. Mit rund 25 Prozent macht das Budget dafür den größten Anteil am Konstanzer Haushalt aus. „Das bringt natürlich eine große Verantwortung in der Planung und Verwendung unserer Mittel mit sich“, sagt Kaufmann. Das Sozial- und Jugendamt begleitet Bürger:innen von der Geburt bis ins hohe Alter – über Angebote wie das KiKuZ und das Jugendzentrum (JuZe) ebenso wie in der Familien- und der Altenhilfe. „Viele der wichtigsten Aufgaben der Stadt gehen durch unser Haus.“ Das sieht offenbar nicht nur der Leiter des Sozial- und Jugendamts so. Ihm zufolge gebe es einen großen Rückhalt in der Lokalpolitik. „Wir genießen eine große politische Wertschätzung. Trotzdem müssen auch wir sehr genau begründen, wofür wir welchen Euro zusätzlich benötigen.“

Knapp 2,6 Millionen Euro stehen jährlich für die Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung. Damit werden nicht nur städtische Einrichtungen, sondern auch freie Träger unterstützt. Bei großen Einrichtungen wie dem JuZe oder dem KiKuZ ist der Geldbedarf durch die Gebäude besonders hoch. Was außerdem ins Gewicht fällt: die Personalkosten. 599.760 Euro pro Jahr kostet das KiKuZ die Stadt. Davon wird nicht nur die pädagogische Arbeit bezahlt, sondern alle Kosten von Personal bis zur Infrastruktur. „Wir können gute pädagogische Arbeit leisten, aber wenn der Gebäudeunterhalt nicht gewährleistet ist, bringt uns das nichts“, sagt Irene Jun. 

Was mit dem Geld im KiKuZ umgesetzt wird

Bei der konkreten Verwendung der Gelder hat das Sozial- und Jugendamt relativ viel Freiraum. Im Rahmen der internen Planungen werden die Budgets nach Kostenstellen aufgeteilt. 5.500 Euro pro Jahr gehören beispielsweise zur Kostenstelle Aufwendung von Veranstaltungen des KiKuZ, das Geld muss für Veranstaltungen verwendet werden – in der Art und Umsetzung besteht aber Freiheit. Diese nutzen sie mit der Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an der Ideenfindung auch aus, so Jun: „Früher hatte man eher die Haltung ‚Wir wissen schon, was gut ist‘. Heute beziehen wir unsere Zielgruppen aktiv mit ein“ – zum Beispiel bei der Auswahl zwischen einem Rap-Workshop oder Kletterkurs. 38.000 Euro stehen für das Sommerferienprogramm zur Verfügung, 3.000 Euro für den Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, wozu auch das Programm gehört. 8.300 Euro gibt es für Honorare, die für pädagogische Angebote, Referent:innen und Workshops im KiKuZ ausgegeben werden. 

Das Bild zeigt Stifte in einer Box.
Foto: Wiebke Wetschera

Die offenen Angebote sind für alle Teilnehmer:innen kostenlos, Veranstaltungen kosten. „Wir schauen uns genau an, welche Preisstrukturen zumutbar sind, damit unsere Angebote von möglichst vielen genutzt werden können“, sagt Jun. Für Eltern mit Sozial- und Pflegeelternpass gibt es 80 Prozent Ermäßigung auf die Preise. Im Gegensatz zu einem wirtschaftlichen Unternehmen, das auf Einnahmen fokussiert ist, „wollen wir unsere Zielsetzung verfolgen, also die Kinder und Jugendlichen fördern.“ Die offenen Angebote hatten im vergangenen Jahr 1.457 Teilnehmende. Sie sollen im KiKuZ vor allem eins machen können: vom Alltag abschalten. „In ihrem Alltag sind viele der Kinder durchgetaktet. Hier können sie selbstbestimmte Freizeit erleben.“ Das kann auch mal heißen, dass sie es sich auf den Sitzsäcken in der Bibliothek gemütlich machen und ein Buch lesen. „Die Frage ist: Was brauchen die Kinder? Das können wir mit den finanziellen Mitteln aus dem Haushalt erst umsetzen“, sagt Alfred Kaufmann.

Für engagierte Bürger:innen: Das Bürgerbudget

„Im Haushalt einer Gemeinde sind alle Ausgaben und Einnahmen aufgeführt. Die Haushaltsberatungen sind immer spannend. Offensichtlich sind den Bürger:innen die vielen Aufgaben nicht bekannt, ohne die das Gemeinwohl einer Gemeinde nicht funktionieren würde.“

Andreas Ellegast, Rettet die MEERSBURG ex KONSTANZ! e. V.

Für engagierte Bürger:innen gibt es in Konstanz das Bürgerbudget im Haushalt. Über die Auswahl der geförderten Projekte hat der Gemeinderat am 15. Dezember entschieden, nachdem ein Bürger:innenrat – bestehend aus zufällig ausgewählten Bürger:innen – bereits im Oktober eine Empfehlung abgegeben hat. 

Unter den diesjährigen ausgewählten Projekten ist auch der Verein Rettet die Meersburg ex Konstanz! e. V., der sich den Erhalt der ersten Automobilfähre des Bodensees auf die Fahne geschrieben hat. Konkret wollen sie die erste Fähre von Konstanz, Baujahr 1928, auf Elektroantrieb umrüsten. „Durch einen Antrieb mit Elektromotor in Verbindung mit einer Brennstoffzelle könnte die Fähre ohne Abgase und extrem leise über den Bodensee fahren“, sagt Andreas Ellegast, 1. Vorstand des Vereins. „Es gäbe hierzu auch viele Möglichkeiten, an diesem Projekt die Ingenieurarbeit zu schreiben. Wenn junge Leute sich für diese Technik und unsere Fähre interessieren, können mit Sicherheit auch neue Mitglieder für unseren Verein gewonnen werden. Dies wäre für den Fortbestand des Vereins und der Fähre Konstanz ein sehr großer Gewinn.“

Das Bild zeigt die historische Fähre Meersburg.
Foto: Andreas Ellegast

Gemeinsam mit der HTWG Konstanz als Projektpartnerin wird der emissionsfreie Antrieb für Schiffe auf dem Bodensee erprobt. Es gibt derzeit kein Binnenfahrgastschiff, das mit dieser Technik angetrieben wird. Um so einen Antrieb verwenden zu dürfen, braucht es große Planungsanstrengungen und schwierige Genehmigungsverfahren. Die fast 100 Jahre alte Fähre wird also als schwimmendes Labor genutzt. Das Ziel: Sie als Vorreiter für eine neue und saubere Technologie umrüsten. Und damit nicht nur die CO2-Emissionen senken, sondern auch die Trinkwasserqualität des Bodensees verbessern. „Da dieser Antrieb keinerlei Emissionen in den See einträgt.“

Für alle: Die Pflege der Friedhöfe

„Egal welches Alter und welche Interessen man hat: Der städtische Haushalt betrifft jeden, weil darin Gebühren und Zuschüsse festgelegt werden.“

Andreas Baumann, Leiter der Friedhofsbetriebe

418.500 Euro pro Jahr – das ist der Wert, den die Stadt Konstanz als Pflichtanteil an die Friedhofsbetriebe in Konstanz zahlt. Ein Wert, der mithilfe eines Gutachtens vor jeder Haushaltsverhandlung bestimmt wird. Mit dem Gutachten wird der sogenannte grünpolitische Wert ermittelt, also das, was unterstützt werden muss. „Der Friedhof ist nicht nur ein Bestattungsort, sondern dient auch dem öffentlichen Interesse“, sagt Andreas Baumann, Leiter der Friedhofsbetriebe. 

Freie Grünflächen auf dem Friedhof und die Infrastruktur wie die Wege, die auch ohne Friedhofsbesuch als Durchgangsweg genutzt werden, fließen in den Wert ein. Das ist auch der Grund, warum die Kosten nicht in die Friedhofsgebühren fließen dürfen – weil sie nicht direkt zum Friedhof gehören. Stattdessen müssen sie von der Stadt Konstanz übernommen werden.

Das Bild zeigt den Friedhof in Petershausen.
Foto: Florian Nick

Einnahmen generieren die Technischen Betriebe aus den Gebühren für Gräber und Bestattungen. Die steigen zum 1. Januar 2023. Eine Urnenbeisetzung kostet statt 508 dann 594 Euro und der Preis für eine Trauerfeier erhöht sich von 218 auf 234 Euro. „Wir waren nicht kostendeckend bis heute“, sagt Baumann. Gestiegene Ausgaben für Personal und Materialien sorgen nun dafür, dass die Gebühren für die nächsten zwei Jahre erhöht werden. Deutliche Mehrkosten also. „Wenn wir den Zuschuss nicht hätten, würden die Gebühren noch weiter steigen.“ Mit Zuschuss meint Baumann den freiwilligen Zuschuss der Stadt Konstanz für die Friedhofsbetriebe. 100.000 Euro pro Jahr sind dafür im Haushalt vorgesehen. 

Halten wir fest: Pro Jahr 418.500 Euro als Pflichtanteil, 100.000 Euro als Zuschuss und dann noch die Einnahmen aus den Gebühren. Das Geld wird neben der Unterhaltung der Gebäude und Wege für die Pflege der Bäume und Grünflächen verwendet. Auch die vier Mitarbeiter:innen in der Verwaltung und die neun Mitarbeiter:innen vor Ort auf den Friedhöfen kosten. „Das ist ein anspruchsvoller Job. Unsere Mitarbeiter sind Handwerker – mähen den Rasen, schneiden die Hecke – und eine Stunde später ziehen sie sich das Sakko an und sind Sargträger bei einer Bestattung.“ Die Kalkulation der Kosten für die Friedhofspflege ist jedes Mal eine Herausforderung. Kalkuliert wird hier auf Basis von Fallzahlen der vergangenen Jahre. Auch wenn es morbide klingt: Die Fallzahlen bestimmen damit die Einnahmen der Friedhofsverwaltung.

Komplex statt verständlich

Im Dezember haben die Haushaltsverhandlungen im Gemeinderat Fahrt aufgenommen. Die Verteilungskämpfe beginnen. „Das Schwierige am Haushalt ist, dass da unterschiedliche Interessen in deutlichem Konflikt stehen“, sagt Stephan Grohs. Dann heißt es Kultur gegen Sport. „Es werden andere Projekte so auseinandergenommen, dass die Finanzierung zur Disposition steht.“ Ein politischer Machtkampf also. Der überträgt sich erst auf die Bürger:innen, wenn sie verstehen, dass Kürzungen im Haushalt Veränderungen für ihr eigenes Leben bedeuten können. „Die Bürger wissen, dass der Haushalt sie direkt betrifft“, meint der Stadtkämmerer Ulrich Schwarz. Schließlich werden viele Entscheidungen mit direkter Auswirkung auf die Stadt auch vom Konstanzer Gemeinderat getroffen: „Das ist ja auch das Schöne an unserem Verfassungssystem in Deutschland – dass Entscheidungen direkt vor Ort getroffen werden können.“

Konstanzer Entscheidungen, die im Haushaltsplan aber nicht für alle nachvollziehbar sind. Geht es auch einfach? „Der Haushalt der Stadt Konstanz ist komplex, weil er die Aufgabenvielfalt der Stadt widerspiegelt – von der Kinderbetreuung bis zur Friedhofsverwaltung.“ Immerhin versucht die Stadt, die Komplexität für Bürger:innen herunterzubrechen: Der Vorbericht, der am Anfang des 600-Seiten-Haushaltsdokuments steht, fasst den Haushalt zusammen – für alle, die nicht ins Detail gehen wollen. Für den Haushalt der nächsten zwei Jahre soll es außerdem wieder eine Haushaltsbroschüre geben. Sie soll das Verständnis der Bürger:innen für den Haushalt verbessern. Die Gemeinderatssitzungen können von jedem:jeder im Internet angehört werden, es gibt eine Bürgerfragestunde. „Demokratie lebt vom Mitmachen. Wenn sich jemand nicht engagiert, dann kann er nicht davon ausgehen, dass sich die persönlichen Ansichten in den Haushaltsentscheidungen widerspiegeln“, sagt Schwarz. Für alle, die sich nicht direkt selbst beteiligen, entscheiden stellvertretend die 40 Stadträt:innen. 

Das Bild zeigt Ulrich Schwarz, Kämmerer der Stadt Konstanz.
Ulrich Schwarz, Kämmerer der Stadt Konstanz.

Dennoch: Nur wenige Bürger:innen haben bei den Haushaltsverhandlungen wirklich den Durchblick. Das sind meist all jene, die selbst direkt ein Stück vom Kuchen haben wollen. „Für die Bürger:innen, die konkrete Projekte verfolgen, wie nachhaltige Strukturen in der Stadt oder ein Bürgerzentrum zu etablieren und dafür städtische Mittel gewinnen wollen – für die ist es natürlich wesentlich relevanter zu verstehen, wo eigentlich die Verfügungsmasse im städtischen Haushalt ist“, sagt Stephan Grohs. Dafür kann es wichtig sein, die Spielräume zu verstehen und dass andere auch etwas von den zur Verfügung stehenden Mitteln haben wollen. „Für die ist es sicher sinnvoll, mal genauer all jene Projekte anzuschauen, die schön, aber nicht dringend notwendig sind“, sagt Grohs. Die Frage ist, ob man das aus dem Haushalt einfach herauslesen kann. „Da habe ich Zweifel.“

Die Stadtkämmerei bleibt dabei: „Wir machen schon viel in Konstanz. Man kann immer mehr machen, aber es gibt kaum Anfragen aus der Bürgerschaft.“ Als eine Idee der Weiterentwicklung kommen für Ulrich Schwarz Bürger:innenversammlungen in Frage. Doch das wiederum würde personelle Ressourcen kosten, und: „Die Frage ist, ob das genutzt wird.“ 

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