So findest du die richtige Schule für dein Kind!

Die Wahl der passenden weiterführenden Schule für dein Kind ist eine der zentralen Herausforderungen im Familienalltag. Wie findest du die beste Option? Hier sind sieben Tipps.
Rat für Eltern: Bei einer Informationsveranstaltung aller weiterführenden Schulen in Konstanz, erläuterten Schulleiter:innen im Bodenseeforum die möglichen Schulwege für Konstanzer Kinder. Bild: Michael Lünstroth

Seit Monaten quält mich diese eine Frage: Wie zum Geier finde ich die richtige weiterführende Schule für meinen Sohn? Dahinter lauert schon die nächste gemeine Frage: Wo wird er sich so entfalten können, dass er die bestmögliche Version seiner Selbst werden kann? Meine erste Reaktion: Ich verfluche das deutsche Schulsystem mit seiner viel zu frühen Verteilung der Kinder auf die verschiedenen Schularten. Aber das bringt ja nichts. Versuchen wir es also konstruktiv: Weil ich weiss, dass es anderen Eltern ähnlich geht, versuche ich in diesem Newsletter ein paar Tipps zu geben, wie jede:r eine zumindest gut informierte Entscheidung treffen kann.

Die erste Lektion, die ich lernen musste: Ignoriere nicht Deine eigenen bildungspolitischen Ideale, aber mache sie auch nicht zum alleinigen Maßstab. Konkret gesprochen: Ich halte das pädagogische Konzept der Gemeinschaftsschule für die überzeugendste Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Aber wird  mein Kind sich an einer so großen Schule wohlfühlen? Genau das ist ein Knackpunkt der Entscheidungsfindung: Es geht vor allem darum, verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen.

Um es noch komplizierter zu machen, findet das Ganze seit diesem Schuljahr in einem neuen Rahmen statt. Die Bildungsreform der Landesregierung hat unter anderem den Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule neu geregelt. Die Grundschulempfehlung wird verbindlicher, es gibt einen zusätzlichen Test der Kompetenzen der Kinder (heisst „Kompass 4“, fand am 19. & 20. November landesweit statt, mehr dazu hier) und Eltern, die ihr Kind auch ohne Empfehlung der Grundschule unbedingt an einem Gymnasium anmelden wollen, können einen Einstufungstest verlangen. 

Kita, Schule, Erziehung, Pflege, Freizeit – Familienpolitik betrifft fast alle Menschen in Konstanz. Deshalb widmen wir uns diesen Themen künftig verstärkt in einem themenspezifischen Newsletter. Er heißt „familie mit k“ und erscheint alle 14 Tage donnerstags. Du kannst ihn hier kostenlos abonnieren.

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Welche Schule ist die Richtige? | Foto: Andrej Lisakov

Kommt jetzt das „Grundschulabitur“?


Sicher aber ist: Ein Kind wird nicht mehr allein aufgrund des Elternwunsches auf ein Gymnasium zugelassen. Zusätzlich muss es entweder eine Empfehlung der Schule geben oder die Ergebnisse des Kompass-Testes müssen so gut sein, dass sie eine Gymnasiums-Anmeldung rechtfertigen. Die Reaktionen darauf waren erwartbar. Während die einen befürchten, dass die zusätzlichen Wissensüberprüfungen zu einem „Grundschulabitur“ führen, bei dem Eltern und Kinder bereits in jungen Jahren noch stärker auf schulische Leistungen fokussiert sind, loben die anderen die gerechteren und verbesserten Bildungschancen, die sich daraus für alle ergeben.

Schliesslich tendieren Lehrkräfte dazu, Grundschulempfehlungen auf der Basis ihrer eigenen Vorprägungen abzugeben. Selbst bei gleichen Noten erhalten manche Kinder eine Gymnasialempfehlung, andere aber nicht. Der soziale Hintergrund der Kinder spielt dabei eine große Rolle: Studien zeigen, dass Kinder aus Akademikerfamilien eher eine solche Empfehlung erhalten als Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien. “Wir wissen, dass Lehrkräfte die Leistungsfähigkeit der Kinder anhand von Stereotypen einschätzen. Bei Kindern aus einer niedrigeren sozialen Schicht nehmen viele Lehrkräfte eine ungünstigere Leistungsentwicklung an”, erklärt der Soziologe Jörg Dollmann. 

7 Schritte auf dem Weg zur idealen Schule 

Wenn es nun um die Frage geht, welche Schule die richtige für Dein Kind ist, hat Manuela Ulrich, Bildungsforscherin von der Universität Konstanz, auch erstmal eine ernüchternde Antwort: „Es gibt wissenschaftlich keine Empfehlung, welche Schulform auf welches Kind passt.“ Vielmehr müsse jede Familie für sich herausfinden, welches Schulprofil zur Persönlichkeit und den Talenten des eigenen Kindes passt. Sie empfiehlt sieben Schritte, um sich der Entscheidung anzunähern.

1. Was will und braucht Dein Kind?


Am Anfang geht es darum, herauszufinden, was Dein Kind will. Was ist ihm wichtig? Auf welche Schule gehen Freund:innen? Und wie wichtig ist es für das Kind, gemeinsam mit vertrauten Freund:innen in eine Klasse zu gehen? Auf welche Art lernt Dein Kind am liebsten? Welche Dinge interessieren es inhaltlich? Eher Sport? Eher Kunst? Eher Sprachen? Solche Fragen führen schon mal näher ans Ziel. „Ich denke, das Wichtigste ist, zu erkennen: Das Kind muss als Individuum hinsichtlich seiner Motivation und seines Wohlbefindens mitgedacht werden und als Akteur seiner eigenen Bildung mitentscheiden dürfen“, sagt die Bildungsforscherin Manuela Ulrich. Im Gespräch kann man dann gemeinsam konkret überlegen: Was soll unsere Wunschschule bieten und leisten?

2. Informiere dich so gut wie möglich!


In Konstanz gibt es vier Gymnasien, zwei Gemeinschaftsschulen, eine Realschule und eine Werkrealschule. Die Profile sind sehr verschieden: Vom altsprachlich orientierten Suso-Gymnasium bis zum eher praktisch angelegten Unterricht in Realschule und Werkrealschule. Hier lohnt es sich ins Detail zu gehen: Wie steht es um das Ganztagsangebot? Welche AGs und Zusatzangebote gibt es? Wie ist das Mittagessenangebot? Welche Schwerpunkte können gewählt werden? Solche Fragen lassen sich recht schnell mit einer Internetrecherche klären. Alle zur Wahl stehenden Schulen haben eigene Internetseiten mit Infos zu den einzelnen Profilen. Zusätzlich gibt es Tage der offenen Tür an allen weiterführenden Schulen.

Alexander-von-Humboldt-Gymnasium: 11./12./17./20. Februar 2025, jeweils 16 bis 18 Uhr.
Berchenschule: 21. Februar 2025, 16 bis 18 Uhr.
Ellenrieder-Gymnasium: 18. Februar 2025, 15 bis 17 Uhr & 19. Februar 2025, 17 bis 19 Uhr.
Gemeinschaftsschule Gebhard: Informationen zum Schulkonzept: 9. Dezember 2024, 19 Uhr. Diese Inforamtionen gibt es zusätzlich in einer Online-Veranstaltung am 21. Januar 2025 19 Uhr (dafür wird eine Anmeldung benötigt per Mail an rektorat@gebhard-konstanz.de ) Der Tag der offenen Tür findet am 7. Februar 2025, 15 bis 18 Uhr, statt. Zudem sind Schulführungen (nach Voranmeldung möglich am 8. Februar, zwischen 10 und 12 Uhr.
Geschwister-Scholl-Schule (Verbund aus Realschule & Gymnasium): 7. Februar 2025, 16 bis 17:30 Uhr & 18:30 bis 20 Uhr sowie 12. Februar 2025, 18:30 bis 20 Uhr.
Suso-Gymnasium: 17./24./25. Februar 2025, jeweils 15:30 bis 17 Uhr. Für den Hochbegabtenzug gibt es am 3. Dezember 2024, 18 Uhr, einen Informationsanlass.
Gemeinschaftsschule Lotte-Eckener: Ausführliche Informationen zum Schulkonzept: 4. februar 2025, 19 Uhr. Tag der offenen Tür (für Kinder und Eltern, mit Programm) am 14. Februar 2025, 15 bis 17:30 Uhr. Schulführungen nach Anmeldung gibt es zudem am 18. Februar 2025, 17 Uhr.

„Empfehlenswert ist, die Schulen direkt zu besuchen. So erfährt man etwas über Ausstattung, Zustand und Schulklima. Da es in Baden-Württemberg – anders als in anderen Bundesländern – kein Elternrecht auf Unterrichtshospitation gibt, um zu schauen, ob die Gestaltung zum Arbeitstyp des Kindes passen würde, sollten Eltern mit ihren Kindern den „Tag der offenen Tür“ nicht verpassen“, rät Ulrich.

Wichtig sei zudem, dass Eltern diese Informationsgelegenheiten gut nutzten. Mit Lehrer:innen und Schüler:innen vor Ort zu sprechen, kann neue Erkenntnisse und Perspektiven bringen. Und: “Nachfragen ist zielführend: Notieren Sie sich konkrete Fragen, die Ihnen helfen, fehlende Informationen zu erhalten”, sagt die Bildungsforscherin.

3. Schule und Kind matchen!


Du kennst Dein Kind, nach den Infoterminen kennst Du auch die verschiedenen Schulen in Konstanz. Jetzt geht es darum, beides zusammenzubringen. Und dabei nicht nur zu fragen: Passt mein Kind auf diese Schule? Sondern auch: Passt diese Schule zu meinem Kind? „Letztlich ist die Entscheidung für eine Schule auch eine Frage der Passung“, sagt Manuela Ulrich. Die Persönlichkeit des Kindes und das Profil der Schule müssen zusammenpassen. Dabei gelte es auch nicht nur, auf die aktuellen Noten zu schauen, sondern auch daran zu denken, dass sich das Kind noch weiterentwickeln wird. Zudem gilt es die Kinder ernst zu nehmen: “Beispielsweise zeigten Studien, dass ein Großteil der Kinder den Kontakt zu Freund:innen voranstellen und auf den Besuch eines Gymnasiums verzichten würden”, betont Manuela Ulrich.

4. Wie bunt ist die Schule? Oder warum auch die soziale Durchmischung wichtig ist


Denke auch darüber nach, welche Art von sozialem und kulturellem Umfeld für Dein Kind am besten geeignet ist. Eine Schule mit einer vielfältigen Schüler:innenpopulation kann wertvolle soziale und interkulturelle Erfahrungen bieten. Gerade erst hatte eine Studie der Universität Konstanz herausgefunden, dass Vielfalt im Klassenzimmer Integration und Zusammenhalt stärken kann. Überlege gleichzeitig, wie gut sich Dein Kind in verschiedenen sozialen Umfeldern zurechtfinden würde.

5. Wie gut passen die Schulwege in unseren Alltag?


In einer übersichtlichen Stadt wie Konstanz auch eine relevante Frage: Soll die neue Schule zu Fuß erreichbar sein? Sollen die Wege möglichst kurz sein, damit sich alles in den Familienalltag fügt? Ein kurzer und sicherer Schulweg kann den Alltag Deines Kindes und Deine eigene Planung erheblich erleichtern. Berücksichtige auch die Möglichkeit von Schulbussen oder Mitfahrgelegenheiten.

6.  Reden ist Gold


Je mehr Du Dich mit anderen Menschen austauschst, desto mehr Perspektiven erhältst Du und so klarer wird Dein Bild von den einzelnen Angeboten. Deshalb rät auch die Konstanzer Bildungsforscherin Manuela Ulrich: „Tauschen Sie sich mit Eltern aus, deren Kinder die Schulen besuchen, die Sie in Betracht ziehen. Ihre Erfahrungen und Meinungen können wertvolle Einblicke bieten. Auch Gespräche mit aktuellen Schüler:innen können helfen, ein realistisches Bild vom Schulalltag zu bekommen.“

7. Am Ende geht es auch ums Gefühl


Du hast recherchiert, Dich vor Ort an den Schulen umgesehen, mit vielen Leuten gesprochen. Die Zeit der Entscheidung naht. Setz Dich mit Deinem Kind zusammen und macht gemeinsam eine Prioritätenliste von Dingen, die Euch wichtig sind. Aber wahr ist auch: Du kannst vermutlich noch so viele Informationen anhäufen, das alleine wird Dir nur bedingt helfen. Der Bauch entscheidet mit. Oder wie es Manuela Ulrich formuliert: „Man hat die richtige Schule gefunden, wenn Eltern und Kind sich mit der Entscheidung wohlfühlen.“

Falls das alles noch nicht weiterhilft: Die Bertelsmann-Stiftung hat eine Check-Liste zum Schulwechsel erarbeitet, beim Deutschen Schulportal der Robert-Bosch-Stiftung gibt es ein umfangreiches Dossier mit vielen weiteren Texten zum Übergang von Grundschule zur weiterführenden Schule. 

Entscheidungstag ist am 13. März!


Übrigens: Entscheiden müsst ihr euch in der Familie bis spätestens 13. März 2025. Dann endet die Anmeldefrist an den weiterführenden Schulen. Alle weiteren wichtigen Termine für den Schulwechsel hat das Land Baden-Württemberg hier gelistet.