Oh Kula, yes, ich weiß, eigentlich sollte man so einen Artikel ja immer einigermaßen objektiv angehen. Journalistisch korrekt. Ohne Emotionen. Aber ey, heute geht das nicht. Keine Chance. Das Ding wird persönlich. Denn es gibt so einiges zu feiern. Erstmal, vorneweg: 40 Jahre! Lecko mio.
Nur zum Vergleich, die älteste Katze der Geschichte namens „Creme Puff“ hatte gerade einmal die 38 Lenzen gepackt. Da können wir nur froh sein, dass der Kulturladen erstens keine Katze ist und zweitens nicht Creme Puff heißt. Und zusätzlich zum Jubiläumsjahr wurde das Kula-Live-Programm 2022 auch noch mit dem Programmpreis APPLAUS AWARD der Kulturstaatsministerin ausgezeichnet. Lecko mio!
INTERVIEW ZUM JUBILÄUM
Ein sich neu erfindender Kulturort
Das zeigt uns vor allem eines: Der Kulturladen ist nicht nur eine Institution, die einfach schon immer da war und deshalb auch immer bleibt, sondern ein Kulturort, der vital agiert und reagiert, der sich neu erfindet, ohne die alten Charaktereigenschaften zu übermalen. Und das an einem Ort, der seit jeher alles andere als einfach zu bespielen ist. Nach oben hin bildet der See eine naturgegebene Grenze, nach unten hin markiert die Schweiz eine wirkliche Grenze.
Dazu ist Konstanz zwar eine Studierendenstadt, das heißt im Umkehrschluss aber nicht unbedingt, dass jedes Konzert sein Publikum findet. Für die Kula-Booker war das Booking seit den Urzeiten ein Ritt auf der Rasierklinge, bei dem es die Publikumsmagneten mit experimentellen Bookings zu kombinieren galt. Ein vielfältiges und ungewöhnliches Programm war schon immer Teil der Kula-Identität und zeigt die Liebe der Booker:innen zur Sache an sich. Der Kula will und muss Plattform sein. Sprungbrett.
Konstanz ohne Kula geht nicht
Mensch Kula. Konstanz ohne dich geht nicht. Auch wegen der Querverbindungen, der Vernetzung. Den Partys. Dem Engagement. Dem Open See. Der Ideen. Dem Mut. Der Ängste.
Überhaupt, gutes Stichwort: Es ist irgendwie bezeichnend, dass der Kula nicht nur irgendwie durch die Pandemie gekommen ist, sondern aktiv weitermachte, ohne Opferrolle, den Bereich des Möglichen stetig neu definierend. Und dabei mit hochwertigen Streams sogar der hiesigen Kulturszene unter die Arme griff, obwohl man als Veranstaltungsort besonders stark mit dem Rücken zur Wand stand.
Oh Kula, ich muss es jetzt doch noch persönlicher machen. Wie viele Nächte. Nur du. Und ich. Da oben. Im Raucherbereich, der heute vereinsamt. Wie viele ins Handy getippte Konzertberichte. Wie viele verschwommene Fotos, die mir den Ärger der Redakteure einbrachten.
Einmal die Woche im Kula
Meinen ersten Konzertartikel habe ich über ein Konzert der Band Slut im Kula geschrieben. Ich arbeitete damals als Praktikant beim Südkurier in Villingen und träumte den verschwommenen Traum einer Karriere als Musikjournalist. Und ich weiß noch, wie Michael Lünstroth, der heute den Posten als karla Ko-Redaktionsleiter innehat, meinen Artikel redigierte und mir dazu riet, meine Euphorie ein wenig im Zaum zu halten. Damals schrieb ich über Sluts Version von „Das Moritat von Mackie Messer“ sowas wie: … man hat das Gefühl, als wäre dieses Stück nur für diesen Moment geschrieben worden. Michael hatte recht.
Später, als ich mich das Studium nach Konstanz führte, war ich mindestens einmal wöchentlich im Kula. Ich zog mir alles rein. Groß. Klein. Heute Legenden. Heute vergessen. Vollkommen egal. Unseren ersten Kurzfilm drehten wir in der Kula-Bar. Man, Kula.
Hier habe ich die Sportfreunde Stiller gesehen, im viel zu kleinen Raum, weil die genau dieses Kula-Gefühl noch einmal fühlen wollten. Hier habe ich Annenmaykantereit gesehen, kurz bevor sie abhoben und zu Stars wurden. Hier habe ich Mother Tongue gesehen, eine Band, die mich danach nie wieder berührte, aber hier, an diesem Tag, eines der besten Konzerte spielte, das ich je gesehen habe. Und jedes Mal tropfte der Schweiß von der Decke.
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