19 Jahre lang war Doris Künzel Sozialarbeiterin beim Deutschen Roten Kreuz. Bis zu jenem Tag, als sie aus den Ferien ins Büro zurückkehren will, um sich – wie jeden Tag – für Geflüchtete einzusetzen. Doch an der Bürotür in der Jägerkaserne auf dem Flur einer Flüchtlingsunterkunft schraubte gerade jemand ihr Namensschild ab. Ohne Vorankündigung ist ihre Stelle gestrichen worden. Der Landkreis wolle die Flüchtlinge nun selbst betreuen. Eine Umstrukturierungsmaßnahme. Künzel ist wie vor den Kopf gestoßen: „Da brach eine Welt für mich zusammen!“ Denn sie verstand ihren Beruf als Berufung und übte ihn mit leidenschaftlichem Engagement aus.
„Über meinen Schreibtisch sind alle Kriege dieser Welt gegangen, denn herrschte irgendwo Krieg, dann tauchten die Flüchtenden bei mir auf.“
Doris Künzel
Allesamt menschliche Schicksale, für die sie Wohnungen, Ausbildungsplätze, Behördengänge und vieles mehr organisierte. „Mama Afrika“ war in der Gustav-Schwab-Straße irgendwann ihr Beiname. Auch eine afrikanische Fußballmannschaft, in der Geflüchtete aus Angola, Ghana und Nigeria kickten, stellte sie zusammen. Sie spielten für das Rote Kreuz bei selbst organisierten Turnieren. Wie eine „Mama“ war sie auch für die vielen Kinder im Flüchtlingsheim, die sie liebten. Und diese waren es auch, die protestierten, als man sie vor die Tür setzen wollte. Als Mitarbeiter vom Landratsamt das Büro räumen wollten, trugen sie die Akten einfach zurück.
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