Weihnachten – das Fest der Liebe, des Lichts, der leuchtenden Augen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis? Da brennen häufig eher die Sicherungen durch als die Kerzen auf dem Adventskranz. Alle Jahre wieder spielen sich in Deutschlands Wohnzimmern kleine Dramen ab. Es wird diskutiert, gestritten, resigniert. Und irgendwann steht jemand auf, knallt die Tür und ruft: „Nächstes Jahr fahre ich über Weihnachten in die Karibik!“
Warum ist das so? Ganz einfach: Weihnachten trägt einen schweren Rucksack. Er ist vollgepackt mit Traditionen, Erwartungen und alten Konflikten, die oft das ganze Jahr über gut verdrängt wurden. An den Feiertagen, wenn alle plötzlich aufeinandersitzen, kommen sie mit aller Wucht zum Vorschein.
„Die Mischung aus hohen Erwartungen, engen Zeitplänen und familiären Konflikten sorgt für Spannungen“, erklärt Corina König, Leiterin des Familienservice Allgäu-Bodensee-Ulm. „Es ist die Zeit im Jahr, in der viele sich Harmonie wünschen, aber gleichzeitig kaum die Möglichkeit haben, sich aus dem Weg zu gehen.“
Kita, Schule, Erziehung, Pflege, Freizeit – Familienpolitik betrifft fast alle Menschen in Konstanz. Deshalb widmen wir uns diesen Themen künftig verstärkt in einem themenspezifischen Newsletter. Er heißt „familie mit k“ und erscheint alle 14 Tage donnerstags. Du kannst ihn hier kostenlos abonnieren.
Wenn du Themenideen hast, dann schreib uns gerne! Einfach per E-Mail an michael.luenstroth@karla-magazin.de
Harmonie? Ja bitte, aber wie?
Die gute Nachricht: Es gibt Strategien, um den Feiertagskrach zu entschärfen. Eine davon ist so einfach wie effektiv: Planen – und zwar gemeinsam.
Wer dekoriert? Wer kocht? Wer spült? Und vor allem: Was kommt auf den Tisch? „Wenn sich alle vorab einbringen können, fühlen sich die meisten besser abgeholt und wertgeschätzt“, erklärt König. Warum nicht dieses Jahr die Menüplanung demokratischer gestalten? Neben dem traditionellen Braten könnte eine vegane Option auf den Tisch kommen. Und wenn jemand lieber Tiefkühlpizza mag, dann soll es so sein.
Wichtig ist, dass jede:r das Gefühl hat, gehört zu werden. Denn oft sind es nicht die großen Dinge, die Stress machen, sondern die kleinen, unausgesprochenen Frustrationen.
Rituale hinterfragen
Auch gemeinsame Rituale sollten überdacht werden. Muss wirklich jeder „O du fröhliche“ mitsingen, obwohl die Hälfte der Familie gar nicht singen will? Reicht vielleicht ein gemeinsames Anstoßen mit einem Wunsch für das neue Jahr? Und was wäre, wenn der Baum nicht perfekt geschmückt ist, sondern einfach so, wie die Kinder es lustig finden? Das Tempo rausnehmen, einfach mal den Tisch nicht perfekt decken, keine fünf Gänge kochen und vielleicht sogar das Haus nicht mit 200 LED-Lämpchen behängen – das scheinen sich viele von uns zu wünschen.
Laut der Weihnachtsstudie 2023 geben 38 Prozent der Befragten an, dass sie bewusst weniger Verpflichtungen eingehen, um die Feiertage entspannter zu gestalten. „Weniger Perfektion, mehr Gelassenheit – das ist oft der Schlüssel zu einem gelungenen Fest“, meint König.
Weihnachten bei uns: ein Erfahrungsbericht
Bei uns in der Familie klappt das mittlerweile richtig gut – zumindest meistens. Jeder macht das, was ihm oder ihr wichtig ist. Wer in die Kirche möchte, geht in die Kirche. Wer James Last hören will, darf das genauso wie jemand, der lieber „Rocking Christmas“ auflegt.
Beim Essen gibt’s keine Diskussionen mehr: Vegetarier:innen lassen das Fleisch weg und werden von denjenigen, die Fleisch lieben, in Ruhe gelassen. Geschenke sind auch kein Pflichtprogramm mehr. Stattdessen schenken wir uns das Wertvollste: entspannte, gemeinsame Zeit.
Keine riesigen Geschenkeberge, kein Tannenbaum-Dschungel, keine Glitzer-Deko, die am Ende doch im Müll landet. Weihnachten kann auch einfacher sein. Das sehen viele so: 32 Prozent der Befragten planen, auf unnötiges Geschenkpapier zu verzichten, und 30 Prozent möchten weniger Dekoration verwenden, besagt die bereits erwähnte Weihnachtsstudie. Nachhaltigkeit ist also längst auch zu Weihnachten in den Köpfen angekommen.
Aber mal ehrlich: Selbst die besten Pläne können in der Praxis scheitern. Was hilft dann? Humor. Und die „richtige“ Musik.
Weihnachten mit Humor – und Rian
Wenn bei uns alles aus dem Ruder läuft, hören wir „Entspannte Weihnachten“ von Rian. Der österreichische Musiker und Entertainer bringt mit seiner selbstironischen Art genau das auf den Punkt, was viele Familien erleben.
„Opa shuffelt ganz entspannt zu seinem Lieblingslied,
Während Papa in der Küche sich paar Chips reinschiebt.
Und Mama sitzt mit roten Augen einfach nur so da,
Oma hat den Tannenbaum grad ‚Hey, wie geht’s?‘ gefragt.“
Diese Mischung aus Augenzwinkern und Humor hilft enorm, die Situation zu entschärfen. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass Weihnachten ein bisschen „Amsterdam-Vibes“ braucht – entspannt, unperfekt und voller Menschlichkeit.
Weihnachten allein – trotzdem zusammen
Doch was ist mit denjenigen, die Weihnachten allein verbringen? Für viele ist die Weihnachtszeit keine Zeit der Harmonie, sondern der Einsamkeit. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten, die Feiertage schön zu gestalten:
Nachbarschaftsprojekte: Viele Orte bieten Weihnachtsessen für Alleinstehende an. Das ist die perfekte Gelegenheit, mit anderen zusammenzukommen.
Digitale Verbindung: Ein Videoanruf mit Familie oder Freund:innen bringt ein Stück Nähe in die Ferne.
Engagement: Wer anderen hilft – zum Beispiel bei der Tafel oder in einer Obdachlosenunterkunft – schenkt nicht nur Freude, sondern bekommt oft auch viel zurück.
Eine besondere Initiative, die Menschen zusammenbringt, ist das Projekt „Keiner Bleibt Allein“. Ungewollt Einsame können sich über soziale Netzwerke anmelden, um Weihnachten oder Silvester in Gesellschaft zu verbringen. Die Teilnahme ist kostenlos, und die Ehrenamtlichen des Projekts helfen dabei, passende Partner zu finden.
„Wer alleine ist, sollte versuchen, aktiv auf andere zuzugehen“, rät auch König. „Gemeinsame Erlebnisse bereichern die Feiertage enorm.“
Weihnachten, wie es sein sollte
Am Ende des Tages sind die Feiertage, was wir daraus machen. Sie müssen nicht perfekt sein – aber sie dürfen echt sein. Kleine Gesten, weniger Erwartungen und eine Portion Gelassenheit können den Unterschied machen.
Und wenn doch mal jemand die Nerven verliert? Dann hilft ein Spaziergang an der frischen Luft – mit oder ohne Hund.
Wie Rian in seinem Song so schön zusammenfasst:
„Wir fliegen höher als der Weihnachtsmann,
Es fühlt sich alles so schön an.“
In diesem Sinne: Euch allen frohe, entspannte und unperfekte Rest-Weihnachten und einen guten Übergang nach 2025! Wir machen zwischen den Jahren eine kleine Pause: Die nächste Ausgabe von familie mit k erscheint deshalb erst am Donnerstag, 23. Januar 2025.
Ihr habt Feedback zu uns und unserem Newsletter? Immer her damit – wir freuen uns drauf! Schreibt uns eine E-Mail an: redaktion@karla-magazin.de. Wenn Euch „familie mit k“ gefällt, erzählt doch Euren Freund:innen und Bekannten von uns. So können immer mehr Menschen den Newsletter abonnieren, und wir können Euch weiterhin diesen Service bieten.
So starten Konstanzer Kinder gut ins Leben
Du willst mehr karla?
Werde jetzt Mitglied auf Steady und gestalte mit uns neuen Lokaljournalismus für Konstanz.
Oder unterstütze uns mit einer Spende über Paypal.