Philipp Baumgartner hat sich keine leichte Aufgabe ausgesucht. Das steht fest. Der Leiter des Amts für Klimaschutz ist nicht nur frisch in seiner Position, auch das Amt ist neu geschaffen. Doch die Aufgaben sind alt, vermutlich sogar überfällig. „Wir sind bei der sehr ambitionierten Klimaschutzstrategie zurzeit nicht überall on track“, sagt Baumgartner beim Auftakt von „karla fragt“ zu der Frage: Wie soll es beim Klimaschutz in Konstanz weitergehen? Er meint: „Wir müssen auf jeden Fall aufs Gaspedal drücken.“
karla schafft einen konstruktiven Dialog zwischen Verwaltung, Aktivist:innen und Stadtgesellschaft. Ohne Podium, ohne große Moderation bieten wir interessierten und engagierten Konstanzer:innen bei „karla fragt“ Gesprächsimpulse und vor allem den Raum, sich mit den Gästen auf Augenhöhe auszutauschen.
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Dass es in Sachen Klimaschutz an Tempo fehlt, findet auch die karla-Community. Die rund 40 Teilnehmenden des zweistündigen Dialogs waren sich einig: Es kann nicht schnell genug gehen. Aus Sicht von Baumgartner gibt es in naher Zukunft drei zentrale Themen für das Klimaschutzamt: die Wärmeplanung, Strom aus Erneuerbaren Energien und ein zukunftsfähiges Konzept für Mobilität.
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Sicher nimmt der neue Leiter des Amts eine besondere Rolle ein. Für ihn ist es leicht zu sagen, dass bisher Dinge versäumt wurden. Er muss nun beweisen, dass mit der Umstrukturierung und der neuen Personalie auch wirklich frischer Wind und Aufschwung in die Angelegenheit kommt. „Wir brauchen ganz konkrete Dinge, die wir den Menschen sagen können. Wir brauchen Dinge, die man sieht. Wir haben schon so viele Jahre verloren“, sagt Marius Ullmann vom Jungen Forum Konstanz.
Philipp Baumgartner ist seit dem 1. Juli im Amt und arbeitet sich derzeit noch in seine Themen und Aufgaben ein. Seine Rolle sieht er als Vermittler für den Klimaschutz in der Verwaltung und auch als Vermittler zwischen vielen verschiedenen Akteuren. Denn er würde sich wünschen, dass das Thema Klimaschutz mehr Priorität hat. Fakt ist, dass das Thema Klimaschutz alle Akteure und nicht nur das neu gegründete Klimaschutzamt betrifft.
„Aber für sie ist es ja meistens eine zusätzliche Aufgabe und die meisten Leute sind mit ihren bisherigen Aufgaben schon ausgelastet“, sagt Baumgartner.
Das neue Amt ist derzeit mit fünf Stellen besetzt, zwei Stellen sind noch offen. Es ist direkt dem OB unterstellt. Das Budget: 150 Millionen Euro bis 2030. Seine Aufgabe sieht Baumgartner auch darin, nun realistische Ziele für den Klimaschutz in den kommenden Jahren zu setzen. „Und jenen, denen es zu schnell geht, die Ängste zu nehmen“, sagt er.
Auf die Frage, wie er die Konstanzer:innen und ihr Verhältnis zum Klimaschutz wahrnimmt, sagt er:
„Auf der Meta-Ebene haben wir schon einen Konsens. Aber wenn es ins konkrete Handeln wie den Heizungstausch oder die Sanierung einer Gebäudehülle geht, dann werden viele träge.“
Philipp Baumgartner
Nächstes Jahr feiert der Konstanzer Klimanotstand ein Jubiläum: Fünf Jahre ist es dann her. „Zu solchen Jubiläen schaut man ja immer gerne besonders genau hin“, sagt Marius Ullmann. „Da müssen Sie liefern.“ Weitere fünf Jahre in der Zukunft, so stellt Baumgartner sich vor, „gibt es zwei Wärmenetze in Konstanz, mehr Radwege, weniger Autos und mehr Carsharing.“ „Und ich hoffe, dass es Bürger und Initiativen gibt, die nicht auf die Stadt warten.“
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Förderungen nicht unausgeschöpft lassen. Bisher wurden nur 20 Prozent der Breitenförderung der Stadt Konstanz genutzt. Genutzt werden kann das Geld zum Beispiel für den Heizungstausch, für den Austausch einer Etagenheizung durch eine Zentralheizung, den Anschluss an ein Wärmenetz oder den Solar-Ausbau. Die Stadt ist hier in der Verantwortung, mehr Öffentlichkeit dafür zu schaffen. „Vor lauter Diskussion darüber, dass wir vielleicht keine Handwerker hätten, machen wir es einfach gar nicht“, sagt Markus Tittelbach von der Gruppe Konstanz Klimapositiv 2030 und ergänzt:
„Wenn ich heute eine Wärmepumpe bestelle, habe ich sie immer noch früher, als wenn ich sie erst in sechs Monaten bestelle.“
Markus Tittelbach
Die Akteur:innen beim Solarausbau an die Hand nehmen. „Der Solarausbau ist dieses Jahr im Juli schon doppelt so hoch wie letztes Jahr über zwölf Monate. Aber trotzdem sind wir noch nicht da, wo wir hinwollen“, sagt Baumgartner. Am Geld liegt es ja nicht, findet Markus Tittelbach. „Die Regularien sind so schwer verständlich.“ Unternehmen müssten erst Stellen schaffen, um überhaupt verstehen zu können, worauf es ankommt. Deshalb braucht es mehr Offensive von der Stadt – mit mehr direktem Dialog mit den wichtigen Akteur:innen und mehr direkter Ansprache.
Die Autos raus aus der Stadt. „Wir müssen den Autoverkehr definitiv unattraktiver machen“, sagt Baumgartner. „Aber wir haben eben auch starke Kräfte in der Stadt, wie viele Einzelhändler oder Touristen, die es anders sehen. Es bleibt ein dynamisches Feld.“ Gleichzeitig sieht Baumgartner hier eine große Baustelle. Höhere Parkgebühren sind sicher ein Schritt in die richtige Richtung, aber es braucht konsequentes Handeln.
Realistische Ziele setzen. „Auf dem Papier tut die Stadt sehr viel, aber in der Realität eigentlich sehr wenig“, sagt Sven Martin von der Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad (BAS) und spielt damit auf die 61 Maßnahmen der Klimaschutzstrategie an. „Wie holen wir das auf, was wir verpasst haben?“ Klar ist, dass es die Erwartung gibt, den Rückstand aufzuholen. „Ja wir sind hinterher und es wird schwer, das wieder aufzuholen. Aber so ist es jetzt und damit muss ich jetzt im neuen Amt arbeiten“, so Baumgartner. Wie viel wir nun wirklich hinterher sind, das mag Baumgartner noch nicht beziffern.
Für ihn geht es auch um die Frage, mit welcher Geschwindigkeit wir welche Ziele realistisch angehen können. Aus Sicht von Baumgartner decken die Maßnahmen schon viel ab. Aber er sagt auch: „Im Bereich Mobilität brauchen wir bei den Maßnahmen noch Nachbesserung. Auch auf das Einbeziehen der Bürger muss ein stärkerer Fokus gelegt werden.“ Er will künftig kleinere Ziele für kürzere Zeiträume setzen.
„Wenn viele Ziele erst bis 2030 geschafft werden müssen, ist das ein Zeitpunkt, der noch sehr weit weg und sehr unkonkret ist.“
Philipp Baumgartner
Der Stadtgesellschaft mehr zutrauen. „Wenn ich nach Freiburg und Tübingen schaue, dann wird da den Bürger:innen schon mehr zugetraut“, sagt Samuel Hofer von den Grünen. „Die Stadt darf schon progressiver sein.“ Eine Sache, die Philipp Baumgartner aus dem Abend mit der karla-Community mitnimmt, wie er resümiert.
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