Wir wollen doch nur spielen?!

Die Gaming-Industrie ist seit Jahren der mit Abstand stärkste Markt der Unterhaltungsbranche. Und doch finden Videospiele nur selten den Weg in öffentliche Debatten oder Feuilletons. Unser Autor Jeremias Heppeler fragt sich, wieso, und findet Antworten beim GameLab der Universität Konstanz.

Beginnen wir diesen Text mit einem kurzen Blick in den Spiegel: Ich erinnere mich noch heute an das Gefühlschaos, als mir meine Eltern Ende der 90er einen Nintendo 64 unter den Weihnachtsbaum legten. An der Seite von Super Mario stürzte ich mich kopfüber in die dreidimensionalen Pixelwelten und duellierte mich in stundenlangen Schlachten in Mario Kart und Super Smash Brothers. Trotzdem wurde ich kein Gamer. Literatur, Musik, Film und Sport fraßen meine Zeit und faszinierten mich lange Jahre immersiver und intensiver.

Auch aus Selbstschutz weigerte ich mich, mit den neuesten Spielegenerationen zu tanzen – die Gefahr des vollständigen Abtauchens erschien mir zu präsent. Erst als Nintendo 2017 das bahnbrechende Spiel „The Legend of Zelda – Breath Of The Wild“ veröffentlichte, war mein Wille gebrochen. Dieses Spiel, das offene Spielwelten mit ungeheurer Leichtigkeit neu definierte, musste ich spielen. Und dann war es um mich geschehen. In den folgenden Jahren habe ich mich in kleinen Schritten durch die Computerspiel-Geschichte gespielt, als faszinierter Späteinsteiger und überwältigter Entdecker eines Mediums, das alle anderen in sich vereint. 

Immer dann, wenn Journalist:innen außerhalb von Fachmedien über Gaming berichten, rotieren sie wie von selbst auf einem Paradox. Die meisten Texte in Magazinen und Zeitungen schreiben über Spiele, als wären sie eine Art nischige Trenderscheinung, ein nerdiger Mikrokosmos. Auch dieser Text reiht sich allein durch diese allgemeine Einleitung genau dort ein, dennoch muss an dieser Stelle mit Nachdruck unterstrichen werden: Gaming ist keine Nische, Gaming ist ein Blockbuster produzierendes, durch die Gesellschaften und Generationen verwurzeltes Mainstream-Popkultur-Monstrum. Unsere Kultur ist vom Gaming geprägt. Gaming ist überall. 

Guter Journalis­mus ist wertvoll

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