Für den Start ins Leben ist Konstanz wieder ein guter Ort. Das habe ich in den letzten Tagen gleich von mehreren Hebammen gehört. Und das soll und kann allen Mut machen, die hier leben und dabei sind, ihre Familie zu vergrößern. Mütter können sich wieder auf das konzentrieren, was zählt: auf ihren Bauch und ein paar wenige Dinge mehr. Ganz unten findet Ihr eine Liste.
Vor wenigen Jahren sah die Situation ganz anders aus. Viele Eltern dürften daran keine gute Erinnerung haben. Hebammen waren rar, das Konstanzer Klinikum musste sogar temporär seinen Kreißsaal schließen.
Der Personalmangel hatte sich nicht zuletzt seit dem Aus für die Geburtsstation in Radolfzell 2017 zugespitzt. Die Arbeitsverhältnisse bei gleich niedrigem Lohn wurden immer schwieriger – hier wie in ganz Deutschland. Doch statt aufzugeben, fanden manche Konstanzer Hebammen in der Schweiz Arbeit. Mittlerweile sind einige von ihnen wieder zurückgekommen.
Kita, Schule, Erziehung, Pflege, Freizeit – Familienpolitik betrifft fast alle Menschen in Konstanz. Deshalb widmen wir uns diesen Themen künftig verstärkt in einem themenspezifischen Newsletter. Er heißt „familie mit k“ und erscheint alle 14 Tage donnerstags. Du kannst ihn hier kostenlos abonnieren.
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Warum sich die Lage verbessert hat
„Wir Hebammen sind momentan gut aufgestellt, neue sind hergezogen und so gut wie keine Eltern müssen ohne Betreuung auskommen“, sagt Beate Luz. Für die Hebammen im Kreis Konstanz ist sie zweite Kreisdelegierte im Landesverband Baden-Württemberg und arbeitet in der Hebammenpraxis Mainaustrasse sowie im Team der Beleghebammen des Konstanzer Kreißsaals.
Die Verbesserung hat viel damit zu tun, dass sich die Beleghebammen am Klinikum Konstanz seit dem Frühjahr 2023 neu organisieren (Karla berichtete). Sie sind jetzt freiberuflich, gestalten den Schichtdienst selbst – und das funktioniert. In ganz Baden-Württemberg ist die Zahl der freiberuflichen Hebammen zwischen 2018 und 2014 um 177 gewachsen; deutschlandweit wurde 2023 mit über 16.000 ein Rekordwert erreicht.
Hebammen sind ihre eigenen Chefinnen
In diesem Modell rechnen in Konstanz nun die sogenannten Dienst-Beleghebammen ihre Leistungen selbständig ab. Damit tragen sie den Preis der Freiberuflichkeit – etwa die Kosten für die Rentenversicherung oder Krankenkasse und den Verdienstausfall bei Urlaub und Krankheit. Doch die Vorteile überwiegen für viele. So gibt es zum Beispiel keine unbezahlten Überstunden mehr. Zudem steigt die Flexibilität.
Das hilft, den anstrengenden Schicht-Job besser unter einen Hut zu bringen mit dem Privatleben und mit anderen Dienstleistungen wie externer Wochenbettbetreuung. Beate Luz sagt: „Wir schmieden sogar neue Pläne, weil wir uns auf Zeiten mit zurückgehenden Geburtenzahlen vorbereiten.“ Eine Elternschule am Klinikum mit Kursen und Workshops soll entstehen – passende Räumlichkeiten werden schon gesucht.
Noch ist die Geburtenrate aber leicht steigend und läuft somit gegen den Trend: 2023 sind im Jahresvergleich 26 Babys mehr im Klinikverbund Singen und Konstanz zur Welt gekommen. Die Hebammen in Konstanz – es sind mehr als 25 – haben laut Beate Luz gut zu tun. Hier eine Liste der rund 70 freiberuflichen Hebammen im Landkreis. Sie bieten Schwangerenberatung, -vorsorge, Geburtsvorbereitungskurse, Geburtshilfe, Wochenbettbetreuung oder Rückbildung an.
Familienhebammen suchen Nachwuchs
Dabei gibt es besondere Unterstützung für diejenigen Mütter oder Eltern, die mit Unsicherheit, Überforderung oder Stress kämpfen. Die Fachstelle „Frühe Hilfen“ vermittelt ihnen Familienhebammen. Slava Pavel ist eine von ihnen, die hierfür eine Zusatzausbildung absolviert hat.
Bis zu einem Jahr lang steht sie an der Seite der Mutter – teilweise für sechs Stunden pro Woche. Anspruchsvoll, aber bereichernd sei die Arbeit, meint sie und ruft erfahrene Hebammen dazu auf, auch diesen Weg zu gehen. „Hier suchen wir schon längere Zeit dringend Verstärkung“, sagt sie.
Hebammen rufen zur Unterstützung auf
Gleichwohl machen mir die Hebammen klar, dass die Vergütung immer noch ein großes Thema ist – auch wenn der große Mangel entschärft wurde. Die Debatte ist aktueller denn je: Anfang September haben die 16 Landesverbände des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) die Unterstützungskampagne „Ohne Uns kein Du“ lanciert. Sie wollen den Druck auf die Krankenkassen erhöhen, damit die Gebühren für freiberufliche Leistungen steigen.
Die Gebühren wurden seit 2018 nicht mehr erhöht und dazu laufen zwischen Hebammen-Organisationen und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen gerade Verhandlungen. Beate Luz ruft dazu auf, sich am Protest zu beteiligen und andere dazu zu motivieren. „Wir haben eine sehr kleine Lobby”, sagt sie. „Wir sind für kurze Zeit im Leben der Menschen sehr wichtig, geraten aber schnell in Vergessenheit.“
Die Hebammen-Checkliste 2024
Für die Zeit, in der die Hebamme zur VIP einer Familie wird, hier noch die versprochene Checkliste. Denn aus den Gesprächen mit den Hebammen habe ich Tipps und Neuerungen herausziehen können. Mit ihr starten Konstanzer Kinder hoffentlich gut betreut ins Leben.
1. Suche Dir eine Hebamme, auch wenn Du schon Mama bist:
Eine Hebamme ist auch dann eine wertvolle Begleiterin, wenn es nicht die erste Geburt ist. Jede Schwangerschaft ist anders, jede Lebensphase der Mutter bringt neue Fragen.
2. Kümmere Dich zeitig um eine Hebamme:
Auch ohne Hebammen-Mangel wäre es ideal, sich in der ersten Schwangerschaftshälfte für eine Hebamme zu entscheiden (zur Liste). So kann sie Dich auch in dieser Zeit unterstützen.
3. Lade Dir Threema runter:
Hebammen dürfen mit Eltern nicht mehr über WhatsApp kommunizieren. Die neue Datenschutz-Grundverordnung erlaubt Threema, Mail oder Telefon.
4. Besprich mit der Hebamme kritische Punkte:
Stillen, geplanter oder ungeplanter Kaiserschnitt, Einleitung – zögere nicht, diese Themen auch mit der Hebamme zu besprechen.
5. Sei fair bei der Auswahl:
Ein Kennenlern-Gespräch mit einer Hebamme wird von der Krankenkasse gezahlt. Solltet Ihr Euch mit weiteren treffen, müsst Ihr die Kosten übernehmen.
Endlich wieder Licht im Kreißsaal
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