Als mein Sohn von der Kita in die Grundschule wechselte, war das eine große Umstellung. Natürlich erstmal für ihn, aber auch für uns als Eltern. Plötzlich verkürzten sich die täglichen Betreuungszeiten dramatisch, auch die Organisation von Ferien wurde für uns als berufstätige Eltern zu einem ständigen Ringen. Wir lernten zu improvisieren.
Schon klar: Als im September 2021 der Ganztagsanspruch in der Grundschule von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde, ging es primär um mehr Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder. Aber etwas mehr Verlässlichkeit für Familien sollte dabei schon auch herausspringen. So jedenfalls die Hoffnung.
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Ab 2026 soll der Plan nun schrittweise umgesetzt werden. Das sind dann fünf Jahre zwischen Beschluss und Start. Man sollte meinen, das sei zu schaffen. Die Realität sieht leider anders aus. Der Städte- und Gemeindebund hält die Einführung des Ganztagsanspruchs in Grundschulen ab 2026 für nicht mehr realisierbar. Die Bundesbildungsministerin will, dass der Ganztag ein Bildungsangebot wird. Lehrerverbände befürchten jedoch, dass nicht mehr als reine Betreuung stattfinden wird.
Frust im Konstanzer Rathaus
Die Verantwortlichen dafür sind für den Konstanzer Sozialbürgermeister Andreas Osner (SPD) schnell identifiziert: „Wir sind megafrustriert über die Landes- und Bundespolitik. Es gibt immer noch keine konkreten Vorgaben zur Umsetzung, so können wir kaum Planungssicherheit herstellen“, sagte er in einer Sitzung des Bildungsausschusses des Konstanzer Gemeinderats.
Tatsächlich ist das ja eine Riesenaufgabe. Aktuell sind 1.460 Konstanzer Schüler:innen angemeldet in einer der bislang ehrenamtlich organisierten Kernzeitbetreuungen an den Grundschulen. Der Bedarf wird weiter steigen, wenn der gesetzliche Anspruch Realität wird. Dabei fehlen schon jetzt Räume an vielen Grundschulen, wie das neue Schulgutachten der Stadt Konstanz im vergangenen November gezeigt hat. Der Mangel an pädagogischen Fachkräften verschärft die Lage zusätzlich.
Wie jetzt damit umgehen? Die Stadt Konstanz hat schon vor einiger Zeit eine Arbeitsgruppe auf das Thema angesetzt. Ideen gibt es viele, aber ohne den konkreten Umsetzungsrahmen vom Land bleiben sie erstmal eben nur Ideen. Klar ist inzwischen – die Stadt wird künftig die Trägerschaft der Ganztagsbetreuung von den vielen freiwilligen Initiativen übernehmen. Schon allein deshalb, weil die künftigen Ansprüche kaum von Ehrenämter:innen erfüllt werden können.
Kosten und Qualität der Betreuung nicht überall gleich
Die wichtigste Aufgabe jetzt dabei: die sehr verschiedenen Niveaus der Betreuung an den unterschiedlichen Schulen zu professionalisieren und anzugleichen. Dabei geht es sowohl um die Höhe der Elternbeiträge als auch um die Qualität der pädagogischen Betreuung. Dazu braucht es auch neues Personal.
Bislang geht die Stadt von 49 Vollzeitstellen an den Konstanzer Schulen aus, um den derzeitigen Betreuungsbedarf zu decken. Dafür rechnet man aktuell mit jährlichen Kosten von 2,4 Millionen Euro. Steigt der Bedarf, was absehbar ist, braucht es auch mehr Stellen – und mehr Geld. Diese Stellen sollen übrigens auch mit Kräften aus den bisherigen Kernzeitbetreuungen besetzt werden.
Die ersten Schulen, an denen dies umgesetzt werden soll, sind ab 2025 die Berchenschule und die Grundschule Petershausen. Man werde das „pragmatisch und kinderorientiert“ umsetzen, sagte Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport im Bildungsausschuss.
Rückkehr zu G9: Noch so ein Megaprojekt
Als Vater hoffe ich das Beste – und habe gleichzeitig auch große Befürchtungen. Denn: Neben dem Ganztagsanspruch hat sich die baden-württembergische Bildungspolitik noch ein weiteres Megaprojekt ans Bein gebunden – die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. 🙄
Zumindest eines ist damit sicher – für Familien bleibt es turbulent in den nächsten Jahren. Mit dem neuen Newsletter wollen wir alle diese Themen in Zukunft stärker in den Mittelpunkt rücken. „familie mit k“ ist dein neuer Newsletter vom karla Magazin für alle Themen rund um Familie. Du kannst ihn hier abonnieren.
Herausforderung Grundschule: Keine Zeit für individuelle Bedürfnisse
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