„Das Referendariat ist eine Zeit, in der man jede Minute, die einem zur Verfügung steht, für diese Ausbildung arbeiten muss“, sagt Patrick Hartleitner, Direktor am Heinrich-Suso-Gymnasium in Konstanz. Damit bestätigt er das, worüber viele Referendar:innen stöhnen. Ein Pensum, das in einer offiziellen 42-Stunden-Woche nicht machbar ist und deshalb unbezahlte Überstunden, wenig Schlaf, kaum Sozialleben und hohe Resilienz einfordert.
Derzeit sind laut Kultusministerium 565 Stellen in Baden-Württemberg unbesetzt. Bundesweit ist die Tendenz steigend. Nach Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) fehlen im laufenden Schuljahr bundesweit 14.666 Lehrkräfte. Vor allem Grundschulen leiden unter dem Lehrer:innenmangel. Die Gründe für den Mangel sind vielfältig. Schlechte Bezahlung, hoher Stress, die Verantwortung für heranwachsende Menschen und – das Referendariat.
Die Ausbildung von Lehrkräften unterscheidet sich je nach Schulart erheblich. Wer an Grund-, Werkreal-, Haupt-, Real-, Sonderschulen oder beruflichen Schulen unterrichten möchte, kann an einer Pädagogischen Hochschule (PH) studieren. Im Bachelor-Master-Studium wählen die Studierenden ihre Fächerkombination aus in der Regel vier Fächern, wobei Deutsch und Mathematik Pflichtfächer sind. Neben den fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Inhalten legen die Pädagogischen Hochschulen besonderen Wert auf die Pädagogik.
Für das Lehramt an Gymnasien müssen zwei oder, wenn gewünscht, auch drei Fächer studiert werden. Nach dem klassischen Bachelor-Master-Studium erhalten die ehemaligen Universitätsstudenten erstmals Einblick in die Praxis, sofern sie nicht schon während des Studiums auf eigene Initiative unterrichtet haben. Die PHs verlangen bereits während des Studiums ein Praktikum oder ein Praxissemester, um die theoretischen Ansätze in die Praxis umzusetzen.
Den Abschluss der Ausbildung bildet in allen Schularten der Vorbereitungsdienst, der in Baden-Württemberg 18 Monate dauert. Die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen ist insgesamt ein Jahr kürzer als an den Universitäten. Deshalb erhalten Grundschullehrer:innen ein geringeres Entgelt.
Das Seminar
Ausgehend von einer 42-Stunden-Woche unterrichten Referendar:innen nach der Hospitation im Durchschnitt elf Unterrichtsstunden am Gymnasium. An Grundschulen sind es zehn Stunden. Für die Vor- und Nachbereitung jeder Unterrichtsstunde wenden die Referendar:innen nach eigenen Angaben zwei bis drei Stunden auf. „Neben dem Unterrichten und der Vorbereitung gibt es noch organisatorische Aufgaben an der Schule und den Besuch des Seminars, das kommt alles noch dazu“, erzählt ein Referendar, der anonym bleiben möchte. Was ihn besonders ärgert:
„Am meisten nervt mich, dass wir nach Rottweil fahren müssen. Gerade das Fach Schulrecht kann man super online machen. Das würde mir täglich zwei Stunden Fahrzeit ersparen. Ich verstehe nicht, warum man das nicht zumindest hybrid anbieten kann.“
Referendar
Die Leiterin des Seminars in Rottweil, Ulrike Heller, erklärt die Situation so: „Wir sind zwar digital gut ausgestattet, aber es gibt noch nicht genügend Leitungen, um reine Online-Veranstaltungen anzubieten.“ Außerdem seien sie an die Vorgaben des Kultusministeriums gebunden, das Programme wie Zoom nicht zulasse. Jedes Programm, das über den Arbeitslaptop oder das Handy läuft, muss aus Datenschutzgründen geprüft werden. „Corona hat es überhaupt erst möglich gemacht, dass ich einige Dinge auch von zu Hause aus erledigen kann“, sagt sie.
The-Hop Le-Nguyen ist Mitglied des Seminarschulrats und zuständig für die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte am Seminar Nürtingen für Grundschulen. Von einer hybriden oder reinen Online-Lösung ist er nicht überzeugt. „Wenn uns die Corona-Zeit etwas gelehrt hat, dann, dass online niemals Beziehungsarbeit und Interaktion ersetzen kann. Rein fachliche Inhalte können sicher vermittelt werden, aber den Umgang mit Menschen und Kindern lernt man im persönlichen Austausch“, meint Le-Nguyen. Lernen funktioniere nur, wenn man eine soziale Bindung habe, vor allem im Umgang mit kleinen Kindern.
Im ersten halben Jahr hospitieren Referendar:innen an einer Schule und erhalten dabei einen Einblick in den Unterrichtsalltag. Zusätzlich besuchen sie während des gesamten Vorbereitungsdienstes ein- bis zweimal wöchentlich ein Seminar. Gymnasialanwärter:innen werden neben ihren studierten Fächern in Schulrecht und Pädagogischer Psychologie unterrichtet und bekommen, je nachdem wo sie studiert haben, den zuständigen Seminarstandort zugeteilt. Für Konstanz ist dies Rottweil. Das Seminar für Grundschullehrer:innen ist pädagogisch umfassender. Sie lernen Pädagogik und Didaktik für die Schuleingangsstufe, professionelle Beziehungsgestaltung, Gestaltung von Übergängen, Kooperation mit Eltern und außerschulischen Partnern, Diagnostik und Förderung, Heterogenität, Diversität, Inklusion, Arbeit in multiprofessionellen Teams, kindgemäße Zugänge zur Welt- und Kulturerschließung. Teile dieser Inhalte finden sich auch in der Pädagogischen Psychologie für das Lehramt an Gymnasien wieder.
Der Umfang
Rechnet man die Unterrichtsstunden im Referendariat und die Vorbereitungszeit zusammen, kommt man auf rund 33 Stunden pro Woche. Die Vorbereitungszeit ist natürlich individuell. Je nachdem, wie viele Fächer man studiert hat und ob ein naturwissenschaftliches Fach dabei ist, kommen im Schnitt eineinhalb bis zwei Seminartage (ohne Reisezeit) hinzu. Das sind weitere 12 bis 16 Stunden. Bisher mussten die Referendar:innen zusätzlich eine Dokumentationsarbeit im Umfang von 30 Seiten (ähnlich einer Bachelorarbeit) einreichen, diese wird ab dem kommenden Jahr wegfallen.
Dafür müssen Referendar:innen aber eine Stunde mehr unterrichten. „Zu Beginn des Referendariats habe ich nur noch vier Stunden pro Nacht geschlafen. Man kann eigentlich immer arbeiten, aber das mache ich jetzt nicht mehr. Ich habe beschlossen, dass ich nicht jede Stunde perfekt vorbereiten kann. Wenn man das macht, wird man einfach nicht fertig“, sagt Elena Günthert, die ihren Vorbereitungsdienst am Heinrich-Suso-Gymnasium absolviert. Das bestätigt auch ihr Schulleiter Patrick Hartleitner:
„Ich sage unseren Referendaren, dass sie lernen müssen mit dem Gefühl umzugehen, niemals fertig zu sein. Man kann immer noch weiter überlegen und dort noch eine Methode einfließen lassen und hier noch mehr Didaktik anwenden. Aber irgendwann ist halt mal Schluss und damit muss man sich als Lehrer abfinden.“
Patrick Hartleitneer
Das überholte Klischee, dass Lehrer:innen viele Ferien haben, löst sich spätestens hier auf: Wer guten Unterricht vorbereiten will, braucht dafür Zeit. Diese ist im Berufsalltag oftmals nicht ausreichend und so arbeiten Lehrer:innen eben auch in den Schulferien. Ausgebildete Lehrer:innen haben durchschnittlich 25 Unterrichtsstunden pro Woche, also mehr als doppelt so viel wie Referendar:innen.
Die Belastung
Der Grundtenor der Referendar:innen ist so: Wenn man sehr guten Unterricht machen, eine persönliche Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen aufbauen, den Anforderungen im Seminar und in den Schulen gerecht werden will, dann kommt man an seine Grenzen und darüber hinaus. Das soziale Leben ist während des Vorbereitungsdienstes stark eingeschränkt, nicht selten gehen in dieser Zeit auch Beziehungen in die Brüche. „Ich lasse es mir im Schulalltag nicht so anmerken, aber es geht mir wirklich nicht gut. Es ist einfach zu viel“, sagt eine angehende Grundschullehrerin, die lieber anonym bleiben möchte. Und das aus gutem Grund: Ähnlich wie in Verträgen für Unternehmen unterliegen Beamt:innen und solche, die es werden wollen, einer Art Verschwiegenheitsklausel.
Viele trauen sich nicht, über psychische Belastungen im Referendariat zu sprechen und Hilfe zu suchen. Wer psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, gefährdet unter Umständen seine Verbeamtung. Selbstverständlich kann Hilfe über Coaching als Selbstzahler:in oder in öffentlichen Einrichtungen wie Pro Familia in Anspruch genommen werden, aber eine Therapie – das trauen sich die wenigsten. „Ich würde gerne eine Therapie machen. Seit mehreren Jahren schon. Aber ich habe schon so viele Horrorstorys über die amtsärztliche Untersuchung gehört – ich habe wirklich Angst, nicht verbeamtet zu werden“, schreibt eine Userin in einem Forum des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes e. V. „Maßgeblich ist nicht der aktuelle Gesundheitszustand, vielmehr ist eine Prognose über die gesundheitliche Entwicklung vorzunehmen. Eine psychotherapeutische Behandlung steht einer Verbeamtung folglich nicht grundsätzlich entgegen“, sagt Florian Mader, Pressesprecher des Kultusministeriums. Sollten die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis fehlen, komme eine Einstellung in den öffentlichen Schuldienst als tarifbeschäftigte Lehrkraft in Betracht.
„Ich persönlich fühle mich nicht übermäßig ausgelastet, es ist entspannter, als ich dachte. Ich weiß aber, dass es vielen nicht so geht“, sagt ein Referendar am Gymnasium und zeigt damit die Kehrseite der Medaille. Die Abbrecherquote ist nach Angaben des baden-württembergischen Kultusministeriums gering: Beim Lehramt an Gymnasien schließen 90 Prozent den Vorbereitungsdienst ab, beim Lehramt an Grundschulen sind es 95 Prozent. In diesen Quoten sind auch Unterbrechungen, zum Beispiel durch Schwangerschaft, enthalten. „Mit dem Vorbereitungsdienst werden die angehenden Lehrkräfte auf einen anspruchsvollen und verantwortungsvollen Beruf vorbereitet. Klar handelt es sich dabei um eine herausfordernde Zeit – aber fast alle angehenden Lehrkräfte bewältigen dies gut, das zeigt die hohe Absolventenquote“, sagt Mader weiter.
Was hinten unterfällt
Während bei einigen Referendar:innen das Privatleben leidet, fühlen sich manche auch nicht mehr in der Lage, allen pädagogischen Anforderungen gerecht zu werden. Gerade in der Grundschule, wo die Kinder viel lernen und ihre Persönlichkeit noch geprägt wird, ist die Pädagogik noch vor dem Lehrplan das Wichtigste. „Ich bin so damit beschäftigt, alles didaktisch und fachlich gut vorzubereiten, dass ich in unvorhergesehenen Situationen einfach überfordert bin. Wenn die Kinder sich nicht konzentrieren können, wenn die Sprachniveaus unterschiedlich sind, wenn die kulturellen Unterschiede groß sind – all das kann ich pädagogisch gar nicht abdecken und schaffe es auch nicht, mich zusätzlich darauf vorzubereiten“, sagt die Grundschullehrerin. Sie ist auch frustriert darüber, dass die Inhalte in den Seminaren teilweise veraltet sind. Aber nicht nur diese wirken veraltet: Im Bewerbungsverfahren müssen angehende Referendar:innen einen Personalbogen ausfüllen (Stand 2022 liegt karla vor). Darin müssen sie angeben, ob sie über besondere Fähigkeiten im „Maschinenschreiben“ verfügen.
Ein Gymnasialreferendar berichtet ebenso über veraltete Inhalte: „In Pädagogische Psychologie haben wir letztens eine Studie zur Pubertät bekommen, die von 1994 war und die besagt, dass Jungen nur Probleme mit ihrem Körper hätten, wenn sie viele Pickel haben. Da kann ich wirklich nur den Kopf schütteln.“ Die Präsentationsfolie zu dieser Studie liegt karla vor: „Mädchen nehmen körperbezogene Selbstbeurteilungen wesentlich ernster als Jungen. Jungen zeigen einen Abwehrstil, in dem die Dimension Schönheit eher peinlich kommentiert oder karikiert wird (Zürcher Studie 1994). Sie haben ein eher unkompliziertes Verhältnis zum eigenen Aussehen, wenn nicht besondere Problemkonstellationen (z. B. extremer Pickel- Befall) vorliegen.“ Ulrike Heller wundert sich über diese Aussage: „Diese Kritik ist uns bisher noch nicht begegnet. Die literarischen Quellen, die genutzt werden, sind immer auf dem neusten Stand. Natürlich gibt es auch Konzepte, die in den 80er Jahren begründet worden sind und deren Basis noch heute gilt.“ Heller ist nicht für die Inhalte der Seminare zuständig und bemüht um Diversität und Multiperspektivität. Im Nachgang zu dem Gespräch mit karla erfuhr sie Folgendes: „Ich hatte in der Zwischenzeit ein Gespräch mit den Sprechern der Referendare und habe dort erfahren, dass es einzelne Ausbilder gibt, die wohl tatsächlich alte ‚Quellen‘ verarbeiten. Mittlerweile habe ich die entsprechende Bereichsleitung gebeten, diesem nachzugehen. Besonders die ‚Sinnhaftigkeit‘ und damit verbundener ‚fehlender Praxisbezug‘ dieser Veranstaltung erschließt sich laut Aussagen der Referendare wohl nicht.“
Ein weiterer Punkt, der sich geändert hat, ist, dass Referendar:innen in Baden-Württemberg keine Klassenleitungen mehr übernehmen. „Ich bin ein bisschen enttäuscht darüber, dass in der Ausbildung alles rechtssicher gestaltet wird – das ist im Grundkern völlig okay – führt aber zum Beispiel dazu, dass seit diesem Schuljahr Referendare keine Klassenleitungstätigkeiten mehr machen“, erklärt Hartleitner. Dies sei aber ein wichtiger Bestandteil des Lehrberufs. Rechtssicher bedeutet in diesem Fall, dass alles für alle gleich gehandhabt wird.
Unterstützung für die „Refis“
Das Referendariat müssen die angehenden Lehrkräfte nicht gänzlich allein bewältigen. Allen Referendar:innen stehen Mentor:innen zur Verfügung, die sie begleiten. „Ich habe total Glück mit meinen Mentoren, aber das geht leider nicht allen so“, sagt Elena Günthert. „Die Mentoren werden an den Seminaren für Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte sowie am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung qualifiziert und kontinuierlich fortgebildet“, äußert sich das Kultusministerium.
Dualer Studiengang als Lösungsvorschlag
Auch wenn an der Struktur des Vorbereitungsdienstes derzeit keine Änderungen anstehen, sieht das Kultusministerium in Bezug auf den Lehrer:innenmangel Handlungsbedarf. Nachdem eine Plakatkampagne im August besonders von Lehrerverbänden viel Kritik einheimste, plant die Landesregierung Baden-Württemberg einen neuen dualen Masterstudiengang. „Mit dem Angebot eines sogenannten ‚Dualen lehramtsbezogenen Masterstudiums‘ wollen wir neue Zielgruppen in Fächern wie Informatik, Physik, Elektrotechnik, Informationstechnik gewinnen“, erklärt Mader vom Kultusministerium. Beginnen soll der neue Studiengang zum Wintersemester 2024/25 und wird von drei Hochschulen mit jeweils 20 Plätzen in Baden-Württemberg angeboten. „Durch die starke Praxisnähe, die Vergütung bereits im Studium und die Verkürzung der Ausbildungsdauer wollen wir das Lehramt für noch mehr Studierende interessant und attraktiv machen“, sagt Kultusministerin Theresa Schopper.
Bisher ist Konstanz noch nicht vom Lehrer:innenmangel betroffen. Das liegt ganz einfach daran, dass die hohe Lebensqualität des Landkreises nach wie vor viele Lehrkräfte anzieht, die hier leben möchten. „Man muss ein bisschen differenzieren: Der große Lehrermangel existiert im Moment noch nicht am Gymnasium und schon gar nicht in Konstanz. Es gibt zwar Mangelfächer wie Physik und Informatik, aber bisher haben wir noch keine Not in Konstanz“, sagt Patrick Hartleitner. Ein Referendar, der an der Uni Konstanz studiert hat, merkt an:
„Ich glaube, Konstanz hat eher das Problem, dass viele in die Schweiz abwandern. Die Bezahlung ist besser, kleinere Klassen und weniger Stunden. Das ist natürlich sehr verlockend.“
Referendar am Gymnasium
Einen ganz persönlichen Ansatz, um Referendar:innen in ihrem Vorbereitungsdienst zu unterstützen, bietet Rebekka Schuster von „Beratung im Ref“. Sie lebt in Augsburg und ist selbst Grundschullehrerin. Ihr Anliegen: Angehende Lehrkräfte, die sich mit dem Workload und den Anforderungen des Referendariats überfordert fühlen, unterstützen. Wie? Indem sie die Hilfesuchenden fachlich in Online-Meetings berät. „Mir geht es in meiner Beratungstätigkeit darum, mein Wissen, das ich selbst erlangt habe, weiterzuvermitteln. Ich gehe mit den Referendar:innen ihre Unterrichtsvorbereitung durch und helfe ihnen dabei, die vielen Gedanken, die sie oft haben, zu sortieren“, erklärt Schuster. Das Referendariat sei ein Projekt, das man am besten mit Unterstützung und guten Ansprechpartnern stemmen könne. Deshalb bietet sie ihre Expertise deutschlandweit für Grundschulreferendar:innen an.
Der Vorbereitungsdienst in Bayern unterscheidet sich stark vom baden-württembergischen und wird von den Referendar:innen nach Recherchen als noch belastender empfunden. In Bayern gibt es noch das erste und zweite Staatsexamen sowie die Zulassungsarbeit, die einer Masterarbeit gleicht. Die Referendar:innen unterrichten an Grundschulen schon bis zu 18 Stunden und müssen regelmäßig Dokumentationsarbeiten vorlegen.
Die Lehrprobe: hinfiebern, perfekt vorbereiten und durch
Am Ende des Vorbereitungsdienstes müssen die Referendar:innen in einer letzten Lehrprobe ihr Können unter Beweis stellen. „Ich finde diese Art von Show schwierig, weil sie nichts darüber aussagt, ob man gut unterrichten kann oder nicht. Es gibt Leute, die eine tolle Stunde schauspielern, aber sonst furchtbar sind“, sagt Elena Günthert. Sie fokussiere sich deshalb darauf, zu zeigen, dass sie einen guten und soliden Unterricht machen könne, auch im Alltag. Auch Patrick Hartleitner ist nicht gänzlich überzeugt von der Lehrprobe: „Es ist eine sehr punktuelle Geschichte. Dazu kommt, dass niemand kontrollieren kann, ob der Referendar die Stunde auch tatsächlich selbst vorbereitet hat.“
Es geht um unsere Kinder
Der Blick auf den Vorbereitungsdienst in Baden-Württemberg offenbart ein System, das angehende Lehrer:innen vor Herausforderungen stellt, von vielen aber erfolgreich gemeistert wird. Als integraler Bestandteil der Lehrer:innenausbildung erfordert er nicht nur ein hohes Maß an Engagement, sondern setzt Referendar:innen oft auch physisch und psychisch unter Druck. Der aktuelle Lehrer:innenmangel in Baden-Württemberg verschärft die Situation zusätzlich.
Angesichts der aufgezeigten Schwierigkeiten und des wachsenden Bedarfs im Bildungsbereich erscheinen eine kritische Reflexion des bestehenden Systems und eine offene Diskussion über mögliche Reformen dringend geboten. Nur so kann gewährleistet werden, dass angehende Lehrkräfte nicht nur fachlich, sondern auch psychisch und physisch angemessen auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet werden. Schließlich geht es am Ende der Ausbildungskette um die Bildung unserer Kinder.
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