Das Foto zeigt die Karstadt-Filiale in Konstanz.

Bleibt Karstadt in Konstanz erhalten?

Die Stadt zeigt sich optimistisch, was des Galeria-Standorts in der Hussenstraße angeht. Die Gewerkschaft hingegen ist skeptisch. Fest steht: Es gibt noch viele offene Fragen.
Martin Tschepe ist 1965 in West-Berlin geboren. Aufgewachsen auf der…

Konstanz sei ein „überaus attraktiver Einzelhandelsstandort“. Das sagt der Pressereferent der Stadt, Walter Rügert, mit Blick auf das mögliche Aus für das Kaufhaus Galeria in der Hussenstraße 22 in der Konstanzer Altstadt. Was ein Pressesprecher halt so sagt – und weiter: „Daher sind wir optimistisch und glauben an die Zukunft des Hauses.“ Zweckoptimismus? Wer weiß. Das Haus habe eine große Bedeutung für die Stadt, so Rügert, „sowohl was die Arbeitsplätze anbelange als auch das Angebot im Einzelhandel“. Konstanz werde auch in der Zukunft eine starke Einkaufsstadt sein, „die eine Filiale von Galeria braucht“. 

Verdi warnt vor Schließung

Markus Klemt ist Fachbereichssekretär Handel beim Verdi-Bezirk Südbaden Schwarzwald, er war kürzlich als Gast bei der Betriebsratssitzung der Konstanzer Galeria-Filiale und ist weit skeptischer als der Stadtsprecher. Klemt sagt im Anschluss an die Sitzung: aus seiner Sicht sei das Haus in Konstanz „sehr gefährdet“. Denn die Immobilie gehöre René Benko beziehungsweise seiner Immobiliengesellschaft. Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ist die österreichische Signa-Gruppe – und diese gehört mehrheitlich wiederum Benko. 

Deshalb sagt Klemt: Wenn sich mit dem Verkauf des Warenhauses in Konstanz mehr Geld machen lasse als mit dem Betrieb, dann könnte dies das Aus für Galeria bedeuten. Andernorts, etwa in Singen, seien die Vermieter der Galeria-Gebäude bereits „weit runtergegangen“ mit den Preisen, diese Standorte würden für den Konzern also attraktiver, so der Verdi-Mann. Für Konstanz spreche hingegen die Nähe zur Schweiz, das Haus habe im Nachbarland kaufkräftige Kunden. Zudem müsse in dem Gebäude auch nach einem möglichen Auszug von Galeria wieder Einzelhandel betrieben werden. Die Umwandlung der Verkaufsflächen beispielsweise in Wohnungen sei nicht ohne weiteres machbar. Die Stimmung im Betriebsrat beschreibt Klemt als „gedämpft, aber hoffnungsvoll“. Galeria in Konstanz schreibe „nach wie vor gute Zahlen“.

Entscheidung steht noch aus

Ein Galeria-Sprecher erklärt auf Anfrage von karla: „Welche Filialen geschlossen werden, steht derzeit noch nicht fest.“ Bundesweit gebe es 129 Galeria-Dependancen. In Konstanz arbeiteten 129 Männer und Frauen, manche in Teilzeit. Laut Verdi ist das Konstanzer Haus eins der größeren im Konzern, Klemt spricht von zurzeit 140 Angestellten. Weitergehende Informationen zum Standort Konstanz gibt das Unternehmen nicht heraus. Wem gehört die Immobile? Keine Antwort. Jahresumsatz? Keine Auskünfte.

Das Foto zeigt die Karstadt-Filiale in Konstanz.
Die Zukunft der Konstanzer Karstadt-Filiale ist noch unklar.
Foto: Wiebke Wetschera

Auch zum jetzt vorgelegten Restrukturierungskonzept, das vorsieht, die verbleibenden Warenhäuser stärker auf die lokalen Bedürfnisse auszurichten, und zur Frage, was genau das für Konstanz bedeuten könnte, gibt es keine Infos. Der Verdi-Mann Klemt erklärt: Die Gewerkschaft und der Betriebsrat forderten schon seit vielen Jahren, dass die Kaufhäuser individuell aufgestellt werden müssten, viel mehr regional produzierte Waren sollten angeboten werden. Die besten Unternehmensberater, so Klemt, seien nämlich die eigenen Mitarbeiter:innen. Aber Vorschläge aus den Reihen der Beschäftigten hätten bei der Geschäftsleitung keine Resonanz gefunden.

Wie viele Häuser werden geschlossen?

In den Medien laufen bundesweit wilde Spekulationen. Dabei geht es in erster Linie um diese Frage: Wie viele Häuser werden wohl geschlossen? Vielleicht 40? Womöglich mehr? Auf einer ominösen Liste heißt es: Der Standort Konstanz sei fraglich, so Klemt. Der Galeria-Sprecher verweist, angesprochen auf diese Frage, auf die Pressemitteilung des Unternehmens von Anfang Februar, in welcher zu lesen ist: Galeria habe eine „wichtige Hürde auf dem Weg in die Zukunft“ genommen. Das Amtsgericht Essen habe das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Zuvor habe der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig für die Fortsetzung der Eigenverwaltung gestimmt. 

Ein sogenanntes Restrukturierungskonzept sehe eine „kundenfreundliche Verzahnung von Mobile-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten“ vor. Alle Filialen, die bestehen bleiben, würden modernisiert. Die Attraktivität der Standorte werde durch die „sinnvolle Einbindung weiterer kundenrelevanter Services wie Versicherungen, Schneidereien, Reinigungen oder Bürger-Services gesteigert“. Dieser Ansatz habe sich bereits in der Modellfiliale in Kassel bewährt. Galeria strebe eine führende Position in den wichtigen Segmenten Bekleidung, Beauty und Home an. Zudem sollten die stationären Warenhäuser mithilfe eines „attraktiven Gastronomie-Angebots zum lokalen Treffpunkt in der Innenstadt“ werden. Im Zuge der Sanierung werde Galeria das Filialnetz „neu aufstellen“. Dazu verhandele das Unternehmen zurzeit mit den Vermietern. Von deren Zugeständnissen hänge maßgeblich ab, welche Filialen geschlossen, fortgeführt oder eventuell an einen Erwerber übertragen werden könnten.

Was passiert, wenn Karstadt dicht macht?

Und was passiert im Fall X, falls Galeria in Konstanz dicht macht? Klemt von Verdi sagt, falls ein anderes Handelsunternehmen die Immobile übernehme, dann hätten die Beschäftigen Anspruch auf Weiterbeschäftigung – allerdings nur für den Fall, dass der neue Betrieb spätestens nach einem halben Jahr eröffnet werde. Und wenn es länger dauert? Laut Sozialplan hätten die Mitarbeiter:innen dann Anspruch auf „maximal zwei Monatsgehälter, maximal 7.500 Euro“. Eine Beschäftigte arbeite seit 47 Jahren bei Galeria in Konstanz, so Klemt, sie habe mit 15 Jahren angefangen, sei jetzt 62 Jahre alt und solle ein paar Jahre vor der Rente als Abfindung nur diesen kleinen Betrag bekommen – „ein Skandal“.

Die Mitarbeiter:innen wüssten allerdings auch: Im Raum Konstanz beziehungsweise in der Schweiz stünden die Chancen recht gut, einen neuen Job zu finden. Die meisten unbesetzten Arbeitsplätze im Einzelhandel in Deutschland würden allerdings sehr schlecht bezahlt. Die Galeria-Mitarbeiter:innen bekämen erst einmal vermutlich mehr Arbeitslosengeld als Lohn, sie hätten also diese Wahl: Zunächst daheim bleiben oder eine Stelle in der Schweiz suchen. Die Gläubigerversammlung, die die Pläne des Konzerns akzeptieren muss, soll laut Galeria voraussichtlich Ende März stattfinden. Spätestens dann dürfte also feststehen, welche Häuser erhalten bleiben und welche dicht gemacht werden. 

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