Was wir mit karla bisher erreicht haben (und was wir noch erreichen wollen)

Seit zehn Monaten macht karla neuen Journalismus für Konstanz. Hat sich das Konzept bewährt? Eine erste Bilanz.
Für Michael ist klar: Ohne Journalismus keine Demokratie. Und ohne…

Lokaljournalismus muss anders werden, wenn er heutigen Leser:innen und seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will. Das war unsere Ausgangsthese, davon waren wir bei karla von Anfang an überzeugt. Und danach haben wir unseren Journalismus ausgerichtet: konstruktiv, hintergründig und multimedial. Journalismus für und mit den Konstanzer:innen ist unser Antrieb. Statt auf Quoten und Reichweite setzen wir auf Austausch und Relevanz.

In den vergangenen Monaten haben wir insgesamt 211 Beiträge veröffentlicht. Wir haben euch 120 Newsletter geschickt und euch bei eurer Freizeitgestaltung mit Veranstaltungstipps in unserer kuratierten Woche 41-mal beraten. In acht verschiedenen Schwerpunkten haben wir uns unter anderem mit so unterschiedlichen Themen wie Kinderbetreuung, der Energiekrise, dem städtischen Haushalt, Tourismus und dem Zusammenleben zwischen Konstanz und Kreuzlingen aus verschiedenen Perspektiven beschäftigt.

Das Konzept hat euch offenbar gefallen: Unsere Abozahlen haben sich ziemlich genauso entwickelt, wie wir das erhofft hatten. Aktuell haben wir rund 800 Abonennt:innen.

Intensive Recherchen und unzählige Gespräche

In unseren Gemeinderats-Briefings haben wir euch regelmäßig über die wichtigsten Themen der kommunalpolitischen Agenda informiert. Wir sind für euch in die Archive eingestiegen, haben unzählige Gespräche mit Konstanzer:innen geführt und intensiv recherchiert. Neben der inhaltlichen Arbeit haben wir intensiv an unserem Unternehmen gearbeitet. Strukturen aufgebaut, Workflows etabliert, Zuständigkeiten definiert. Dabei ging es vor allem darum, einen Rahmen zu setzen, in dem wir agieren können.

Das Foto zeigt Wiebke mit Zoé und Marco von CorrelAid im Interview
Ko-Redaktionsleiterin Wiebke (links) mit Zoé und Marco von CorrelAid im Interview. Foto: Jehona Miftari

Hat immer alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben? Nein, natürlich nicht. Aber es wäre auch unheimlich gewesen, wenn alles 1:1 aufgegangen wäre, wie wir es uns ausgedacht hatten. Zu oft mussten wir sagen: Wir können dieses oder jenes Thema nicht recherchieren, weil uns die personellen Ressourcen fehlen. Zur Erinnerung: Die karla Redaktion besteht im Kern aus 1,5 Stellen. Was wir aber, ohne rot zu werden, sagen können, ist: Unser Versprechen konstruktiver, hintergründiger und multimedialer zu berichten, als es bislang im Lokaljournalismus üblich ist, konnten wir halten.

karla ist konstruktiv!

Der Reuters Digital News Report 2023 hat gezeigt: Immer mehr Menschen vermeiden aktiv Nachrichten, weil sie die Negativität nicht mehr ertragen. Das hat auch mit der Fokussierung von Medien auf negative Schlagzeilen zu tun. Inhalte, die Wut, Angst oder Ekel ansprechen, werden öfter geklickt. Das hilft der Reichweite der Nachrichtenhäuser, schadet aber dem gesellschaftlichen Klima. Deshalb braucht es mehr konstruktiven Journalismus. Genau das tun wir. Das ist einer der größten Unterschiede zwischen unserem gemeinnützigen und dem herkömmlichen, profitorientierten Journalismus: In unserer Berichterstattung steht nicht der Konflikt, sondern eine mögliche Lösung im Mittelpunkt.

In unserem Schwerpunkt zur Kinderbetreuung haben wir beispielsweise nicht nur aus verschiedenen Perspektiven auf das Thema geblickt, sondern zum Abschluss gemeinsam mit unserer Community und Expert:innen beim karla Wohnzimmer nach Lösungswegen aus der Kitakrise gesucht – und auch gefunden. Die Ergebnisse mündeten in den Text „Acht mögliche Wege aus der Kitakrise“ und der fasst sehr konkrete Tipps zusammen, wie man Kinderbetreuung in Konstanz besser machen könnte.

Oder: unsere Berichterstattung zu finanziellen Problemen bei der Südwestdeutschen Philharmonie. Weil es uns nicht um den schnellen Klick und die billige Emotion geht, haben wir überlegt, was der größtmögliche Nutzen für die Stadtgesellschaft wäre. Unsere Antwort: Der konstruktive Blick nach vorne. Deshalb haben wir die verschiedenen Krisen verglichen, zeigen Parallelen und Unterschiede auf und welche Lehren man daraus ziehen kann.

karla ist hintergründig!

Wir sind kein Nachrichtenmedium, uns interessieren die Hintergründe. Weil uns vor der Gründung von karla genau diese differenzierte Hintergrundberichterstattung in Konstanz gefehlt hat, haben wir intensiv für euch recherchiert. Zum Beispiel zu der Frage, welche Vereine und Initiativen eigentlich von den Strafgeldern der Konstanzer Justiz profitieren. Unsere Recherche hat nicht nur gezeigt, dass die Geldströme der Konstanzer von 2017 bis 2021 intransparent sind, sondern das baden-württembergische Justizministerium auch dazu gebracht, zumindest darüber nachzudenken, die bisherige Praxis zu verändern.

Im März waren wir die Ersten, die über den geplanten (und inzwischen abgesagten) Einstieg des Energiekonzerns Thüga bei den Stadtwerken Konstanz und seine möglichen Folgen berichtet haben, im Mai haben wir in unserem Schwerpunkt zum Tourismus auch einen Blick auf die Arbeitsbedingungen in die Konstanzer Gastronomie geworfen. Das Ergebnis: Oft gibt es zu wenig Geld für zu viel Arbeit.

Und: Wir setzen auf Daten statt auf gefühlte Wahrnehmungen in unseren Recherchen! Gemeinsam mit den Expert:innen von CorrelAid Konstanz haben wir verschiedene Datensätze durchleuchtet. So entstanden unter anderem Beiträge zur Entwicklung des städtischen Haushalts, des Tourismus in Konstanz und der Gehälter in unserer Region.

karla ist multimedial!

Wenn wir unsere Beiträge planen, ist eine der ersten Fragen, die wir uns in der Redaktion stellen: Welches Format ist die beste Erzählweise für das Thema? Podcast? Videobeitrag? Klassischer Text? Oder irgendwas dazwischen? Wir wollen unterschiedliche Zugänge zu unseren Themen ermöglichen, deshalb ist die Multimedialität fest in karlas DNA eingeschrieben.

Das können sehr persönliche Videos sein, wie die Porträts über den im Rollstuhl sitzenden Jannis Pagels oder das Interview mit dem Tänzer Marvin Paulo Muhongo, aber ebenso ein Erklärvideo zur Funktionsweise des städtischen Haushalts oder ein Podcast zur Lage im Konstanzer Handwerk. In den vergangenen Monaten haben wir insgesamt neun Podcasts und fünf Videos produziert. Gemeinsam mit Thilo Raufer haben wir den Podcast “Thilo trifft…” etabliert, in dem Thilo über die großen und kleinen Dinge des Lebens mit spannenden Gästen spricht.

Dazu kommen viele weitere Bewegtbilder auf unserem Instagram-Kanal. 2.703 Menschen folgen uns hier. Vor jeder Gemeinderatssitzung informieren wir in einem Reel auch über die wichtigsten Themen der Tagesordnung.

karla ist nah!

Wir sind zwar ein digitales Magazin, aber uns war es immer wichtig, unsere Community auch in echten Begegnungen zu treffen. Deshalb haben wir in den vergangenen Monaten mehrere Veranstaltungen organisiert. Zum Beispiel unser „karla Wohnzimmer“ zur Kinderbetreuung, in dem wir Eltern, Erzieher:innen, Wissenschaftler:innen und die Stadt miteinander in den Dialog gebracht haben.

„Wie gelingt uns eine funktionierende Kinderbetreuung?“ war die übergeordnete Frage des zweiten karla Wohnzimmers. Mit Gäst:innen aus der Politik, Verwaltung, Forschung und dem Erzieher:innen-Beruf. Foto: Florian Nick

Oder das „karla Forum“, bei dem wir im Vorfeld des Schwerpunkts „Konstanz trifft Kreuzlingen“ gemeinsam Themenideen entwickelt haben. Im August folgte das derzeit jüngste Projekt: „karla fragt“ bringt interessante Persönlichkeiten aus der Stadt zu einem aktuellen Thema ins Gespräch mit unserer Community. Zum Auftakt war Philipp Baumgartner, der neue Leiter des Konstanzer Amts für Klimaschutz, zu Gast.

Wir sind auch überzeugt: Journalismus, der Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, muss besser erklären, wie seine Geschichten entstehen. Deshalb engagieren wir uns im Bereich Medienbildung in Kooperation mit dem SQ-Zentrum der Universität Konstanz. Gemeinsam mit dem SWR-Journalisten Christian Lerch haben wir ein Podcast-Seminar an der Universität Konstanz gegeben, gemeinsam mit CorrelAid haben wir Studierenden Datenjournalismus nähergebracht und wir haben mit Schüler:innen über das Thema Kinderbetreuung diskutiert.

Medienbildung mit der Community. Foto: Sophie Tichonenko

Wie es weitergehen könnte

War also ganz schön viel drin in den vergangenen Monaten. Wir haben aber auch gemerkt – wir sind noch lange nicht am Ende. Die ganz große Vision von karla, mit noch mehr partizipativen Formaten, mehr Medienbildungsangeboten und Schulungen zu Medienkompetenz, mehr Recherchen und Einblicken in unsere Arbeit, können wir nicht in einem Wurf realisieren. Wir haben gelernt, dass wir uns unserer großen Vision nur Schritt für Schritt annähern können, wenn wir nicht ausbrennen wollen.

Aber wir glauben nach wie vor an diese Vision: karla war von Anfang an immer mehr als ein journalistisches Stadtmagazin. Es ging darum, die Stadt in den Dialog zu bringen. karla war in dieser Vorstellung auch ein Thinktank, in dem wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft Konstanz besser machen. Mit Hilfe von Journalismus, aber auch über Partizipation, Bildung und gemeinsame Erlebnisse. Daran wollen wir in den nächsten Monaten weiterarbeiten. Ihr könnt uns dabei helfen, das möglich zu machen. In dem ihr uns bei unserer Spenden-Kampagne unterstützt!